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Visumsentzug für Djokovic «Australien kann sich den Gesichtsverlust nicht leisten»

Das Visum des serbischen Tennisstars Novak Djokovic wurde annulliert. Dabei geht es um viel Geld – aber auch ums Prinzip.

Der australische Einwanderungsminister Alex Hawke hat das Visum des serbischen Tennisstars Novak Djokovic annulliert. Das wurde am Abend (Ortszeit) bekannt. Die Aufhebung sei aus Gründen des Gesundheitsschutzes erfolgt, hiess es. Hawke habe das Recht, einen solchen Entscheid zu treffen, wenn er die öffentliche Sicherheit gefährdet sehe, erklärt Urs Wälterlin, Australien-Mitarbeiter von SRF.

Denn: «Wer nach Australien will, muss geimpft sein. Wer das nicht ist, muss zwei Wochen in Quarantäne. Das ist Djokovic nicht.» Deshalb sei er eine Gefahr für das Land, argumentierte Hawke. «Ein grosser Teil der Bevölkerung ist gegen Djokovic», so Wälterlin.

Urs Wälterlin

Mitarbeiter Australien/Ozeanien

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Der gebürtige Prattler Urs Wälterlin lebt seit 1992 in der Nähe der australischen Hauptstadt Canberra. Er berichtet für SRF über Australien, Neuseeland und Ozeanien.

Hawke habe den Unmut der Australierinnen und Australier sicher in Betracht gezogen, als er das Visum annullierte. «Er weiss natürlich, dass er die Mehrheit der Leute hinter sich hat.» Nur wenige würden dem Tennisstar nicht den Laufpass geben wollen. «Als es darum ging, den Entscheid zu fällen, wird aber zumindest offiziell der Schutz der Öffentlichkeit im Vordergrund gestanden haben.»

Turnierteilnahme des Tennisstars fraglich

Am Montag beginnt das Australian Open. «Man kann sich ausmalen, dass Djokovic wahrscheinlich eine ziemlich unruhige Nacht haben wird.» Denn seine Anwesenheit am Turnier sei nun ernsthaft infrage gestellt, so Wälterlin. «Ich glaube aber nicht, dass die Grenzbeamten gleich vor der Türe stehen werden und ihn zum Flughafen bringen.»

Seine Anwälte haben angekündigt, Berufung einlegen zu wollen. Aber das wird Zeit beanspruchen. «Die Zeit läuft dem Team davon.»

Das wird ein Kampf ums Blut.
Autor: Urs Wälterlin SRF-Mitarbeiter, Canberra

«Das wird ein Kampf ums Blut», prophezeit der Australien-Mitarbeiter. Und natürlich gehe es bei Djokovic auch um sehr viel Geld. «Er hat zwar unbegrenzte Mittel für den kommenden Rechtsstreit, aber wie der ausgehen wird, weiss niemand.» Er werde wohl argumentieren, der administrative Ablauf dieses Visumsantrages sei unklar gewesen, vielleicht sogar unfair.

«Ähnliches hat am Montag ja auch schon der Richter durchblicken lassen.» Dieser hatte Djokovics Ausweisung vorerst gestoppt. «Vielleicht werden seine Anwälte auch geltend machen, das Argument der Gefährdung der Öffentlichkeit sei nicht mehr gültig, da in Australien jeden Tag zehntausende neuer Covid-Fälle auftreten.»

Ablenkung von Versagen der Regierung

Die Regierung werde allerdings hart bleiben, ist Wälterlin überzeugt. «Sie kann es sich schlichtweg nicht leisten, in diesem Fall das Gesicht zu verlieren. Die enormen Zahlen der letzten Wochen, diese Eskalation, das ist nicht zuletzt ein Ergebnis ihres Versagens.»

Dieser Meinung seien inzwischen die meisten Experten im Land. Es fehle überall an Tests. «Die Regierung hat zu wenige bestellt und die Leute sind in Aufruhr darüber, dass sie sich nicht testen lassen können.» Das Drama um Djokovic sei insofern auch «eine Art Ablenkung, die der Regierung vielleicht gerade recht kommt».

SRF 4 News. 14.01.2022, 08:40 Uhr ; 

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