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25. Schweizer Kunstsupermarkt Kunst aus der Wühlkiste: Speed-Dating für alle am Kunstsupermarkt

Der Kunstsupermarkt sei seit Beginn eine Provokation und ganz anders als der «normale» Kunstmarkt, sagen die Veranstalter. Nun ist bald fertig.

Seit 25 Jahren gibt es den Kunstsupermarkt in Solothurn, den einzigen dieser Art in der Schweiz. Hier gibt es jedes Jahr Kunst zu fixen Preisen ab 99 Franken. Der Markt sei damals als Provokation für die etablierte Kunst gestartet, sagen die Veranstalter. Nun findet der Kunstsupermarkt zum letzten Mal statt. Was fasziniert die Leute daran, hier wie im Supermarkt in Boxen nach Bildern zu wühlen?

Kunstsupermarkt
Legende: SRF/Christoph Studer

In der Halle des Rothus Solothurn hat es am Eröffnungsmorgen Dutzende Personen, die darauf warten, dass der Kunstsupermarkt startete. Es sind potenzielle Käuferinnen und Käufer. «Ich suche etwas für unsere Wohnung. Am besten kommt man am ersten Tag», sagt ein Besucher. «Kunst gefällt dir, und du hättest es gern, wie bei einem Auto. Dann leistest du dir das», sagt eine Frau.

Besucherinnen und Besucher
Legende: Wühlen in den Kisten am Kunstsupermarkt in einer Aufnahme von 2004. Keystone/Jürg Müller

Bei der Kunst im Rothus in Solothurn geht es nicht unbedingt um eine kritische Auseinandersetzung mit der Aktualität. Genau das wurde beim Start vor 25 Jahren kritisiert. «Kunst ist keine Ware. Es braucht eine Vermittlung. Man kann sie nicht einfach zu komischen Preisen anbieten», sagte damals ein ehemaliger Museumsleiter in der SRF-Sendung Schweiz aktuell.

Auswahl unter vielen Bewerbungen

Die dargebotenen Werke seien keine Hobby-Kunst, es gebe durchaus Qualitätsanforderungen, sagt der Inhaber des Kunstsupermarktes Peter Lukas Meier. Wir haben ein paar wenige grosse Künstler, die international bekannt sind, und auch hier ausstellen. Die Verantwortlichen wählen aus, wer ausstellen darf. «Wir haben immer sehr viele Bewerbungen. Wir fragen, ob die Künstler technisch à jour sind, ob sie kreativ sind, ob ihre Kunst neu ist, und ob sie unsere Idee begriffen haben.»

Tafel für Kunstsupermarkt
Legende: Plakat in der Stadt Solothurn. Den Kunstsupermarkt gibt es seit 25 Jahren. Er läuft bis 12. Januar und findet zum letzten Mal statt. SRF/Marco Jaggi

Zur Idee gehört die Nähe zu den Leuten und dass ein Kunstwerk erschwinglich sein soll. Zu kaufen gibt es Kunst, vor allem Bilder, von Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland. Die Preise der Werke haben eine fixe Preiskategorie: 99, 199, 399 oder 599 Franken. Wer Werke anbieten möchte, muss in jeder Preiskategorie mindestens zehn Originale anbieten.

Kunst als Gegenbewegung

Die Kunstwerke liegen in Holzboxen, ähnlich wie Vinylplatten früher, und man geht von Box zu Box, bis einem was gefällt. Eine Art Speed-Dating in der Kunst. «Es ist eine Art, sich schnell zu verlieben. Das ist ein schönes Konzept für den normalen Bürger, der sich Kunst kaufen möchte», sagt Karin Schelling, ausstellende Künstler aus dem Kanton St. Gallen. Sie ist zum zwölften Mal mit dabei.

Der Kunstsupermarkt ist Anti-Snob, Anti-Establishment.
Autor: Judith Künzle Künstlerin aus Grenchen SO

Auch die 68-jährige Künstlerin Judith Künzle aus Grenchen SO ist am diesjährigen Supermarkt präsent. «Ich finde das Konzept super. Es ist Anti-Snob, Anti-Establishment, für Künstler und für Käuferinnen», sagt sie.

Kunstsupermarkt
Legende: Künstlerinnen Judith Künzle und Karin Schelling im Kunstsupermarkt. In der Mitte der Inhaber Peter Lukas Meier. SRF/Christoph Studer

Genau das sei eine Art Provokation, findet Peter Lukas Meier. Der klassische Kunstmarkt sei geheim, unter sich, nicht offen fürs Publikum, findet er. «Dank der Offenheit und der Provokation sind wir gross geworden.» Er schätze es, selber zu entscheiden, was Kunst ist und was sie kosten darf.

Aktuell läuft der Schweizer Kunstsupermarkt in Solothurn noch bis zum 12. Januar 2025. Danach ist für immer Schluss. Künstlerin Karin Schelling bedauert dies: «Das gibt es sonst nirgends in der Schweiz. Mich macht das traurig.»

Der 65-jährige Inhaber sagt, er wolle kürzertreten. Der Aufwand für den Supermarkt sei gross, unterdessen ein 80 Prozent-Pensum. Er höre auf, wenns am Schönsten sei.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 8.11.2024, 17:30 Uhr ; 

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