Am 30. Juni 1975 schrieb die Stadt St. Gallen Schweizer Abfallgeschichte: Sie führte als erste Gemeinde des Landes den gebührenpflichtigen Kehrichtsack ein. Heute feiert dieser St. Galler Gebührensack sein 50-Jahr-Jubiläum – ein Pionierprojekt, welches das Schweizer Entsorgungssystem nachhaltig geprägt hat.
Am Anfang war der mutige Entscheid
Ende der 1960er-Jahre nahmen in St. Gallen die Abfallmengen spürbar zu. Die Entsorgung erfolgte damals noch über die sogenannten Ochsnerkübel – grosse, metallene Abfalltonnen, die vor die Häuser gestellt und von der Müllabfuhr in regelmässigen Abständen geleert wurden. Finanziert wurde das Ganze pauschal über die Gemeindesteuern – unabhängig davon, wie viel oder wie wenig Abfall ein Haushalt verursachte. Dieses System geriet zunehmend unter Druck: Es war weder verursachergerecht noch kostendeckend.
Sack-Pionier: die Chronik
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Bild 1 von 12. Ab 30.06.1975: «Der Pionier». Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 2 von 12. Unbekannt «Dezent in Grau». Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 3 von 12. 2000 – 2002 «Sack aller St. Galler» Umstellung von zwei auf eine Kehrichttour pro Woche. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 4 von 12. 2002-2003 «Guten Tag St. Gallen» Schwarzer Sack mit blauem Druck. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 5 von 12. 2005-2007 «9000» Anlehnung an PLZ. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 6 von 12. 2007-2012 «Aus Abfall wird Strom und Wärme» Umbenennung von KVA zu KHK. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 7 von 12. 2011 «Museumsnacht 2011» Produktionscharge als Werbung. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 8 von 12. 2012 «Museumsnacht 2012» Produktionscharge als Werbung. Bildquelle: ENTSORUNG ST.GALLEN.
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Bild 9 von 12. 2012-2019 «Mobile SG App» zum App-Launch. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 10 von 12. 2015-2019 «Special Edition Gebührensack» limitierte Auflage zum 40-Jahr-Jubiläum. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 11 von 12. «Sackstarkes Team» alle Abfallsack-Grössen. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
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Bild 12 von 12. ab 2025 «U-Sack» Entsorgung ausschliesslich im Unterflurbehälter nur 35-Liter-Abfallsäcke. Bildquelle: ENTSORGUNG ST.GALLEN.
Die Politik wollte deshalb das Modell reformieren. Ein erster Plan, die Müllkosten an die Wohnungsgrösse zu koppeln, scheiterte 1974 deutlich am Widerstand der damals 55-jährigen St. Gallerin Frieda Meile und einem erfolgreichen Referendum. Mit fast 70 Prozent Nein-Stimmen lehnte die Bevölkerung die Vorlage ab – und ebnete damit den Weg für den Gebührensack.
Nach dieser Volksabstimmung setzte der Stadtrat auf eine neue Lösung, die Kehrichtabfuhr über einen kostenpflichtigen Sack zu regeln. Vor genau 50 Jahren – am 30. Juni 1975 – wurde der Gebührensack eingeführt: Wer mehr wegwarf, bezahlte mehr. Das sogenannte Verursacherprinzip war geboren – und wurde später auch auf Bundesebene verankert.
Ein Exportmodell mit Vorbildcharakter
Der St. Galler Ansatz überzeugte: In den folgenden Jahren führten zahlreiche Deutschschweizer Gemeinden den Gebührensack ein, später folgten auch Regionen in der Romandie und im Tessin. Das Bundesamt für Umwelt bilanziert: Dank der Sackgebühr sank die Kehrichtmenge in der Schweiz um rund 30 Prozent. Recycling wurde attraktiver, der Müll insgesamt besser getrennt.
Der Sack als Kulturgut
Heute ist der «Güselsack» mehr als nur ein funktionales Verpackungsmittel: ein Symbol für Schweizer Sauberkeit, Ordnung und Umweltverantwortung. Ob der hellgraue Sack mit Smileys aus St. Gallen oder der dunkelblaue Zürisack – jede Region hat ihren Stil. Und auch die Preise zeigen Vielfalt: Bei seiner Einführung vor 50 Jahren kostete eine Rolle mit zehn 35-Liter-Gebührensäcken in St. Gallen 3 Franken 50 – heute sind es fast sechsmal so viel, nämlich 20 Franken.