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30. Juni: Happy Birthday 50 Jahre Gebührensack: Die St. Galler Pioniertat

Vor 50 Jahren führte St. Gallen als erste Gemeinde den Gebührensack ein – heute ist er Sinnbild schweizerischer Ordnung.

Am 30. Juni 1975 schrieb die Stadt St. Gallen Schweizer Abfallgeschichte: Sie führte als erste Gemeinde des Landes den gebührenpflichtigen Kehrichtsack ein. Heute feiert dieser St. Galler Gebührensack sein 50-Jahr-Jubiläum – ein Pionierprojekt, welches das Schweizer Entsorgungssystem nachhaltig geprägt hat.

Am Anfang war der mutige Entscheid

Ende der 1960er-Jahre nahmen in St. Gallen die Abfallmengen spürbar zu. Die Entsorgung erfolgte damals noch über die sogenannten Ochsnerkübel – grosse, metallene Abfalltonnen, die vor die Häuser gestellt und von der Müllabfuhr in regelmässigen Abständen geleert wurden. Finanziert wurde das Ganze pauschal über die Gemeindesteuern – unabhängig davon, wie viel oder wie wenig Abfall ein Haushalt verursachte. Dieses System geriet zunehmend unter Druck: Es war weder verursachergerecht noch kostendeckend.

Sack-Pionier: die Chronik

Die Politik wollte deshalb das Modell reformieren. Ein erster Plan, die Müllkosten an die Wohnungsgrösse zu koppeln, scheiterte 1974 deutlich am Widerstand der damals 55-jährigen St. Gallerin Frieda Meile und einem erfolgreichen Referendum. Mit fast 70 Prozent Nein-Stimmen lehnte die Bevölkerung die Vorlage ab – und ebnete damit den Weg für den Gebührensack.

Zum Jubiläum – der Unterflur-Sack

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Bunte Müllsäcke mit Cartoon-Aufdrucken auf dem Gehweg.
Legende: Die ganze «U-Sack Familie» ENTSORGUNG ST. GALLEN

Zum 50-Jahr-Jubiläum des Gebührensacks führt die Stadt St. Gallen ein neues Angebot ein: den U-Sack. Ab dem 30. Juni 2025 ist er exklusiv in der 35-Liter-Grösse im Handel erhältlich – und dies zum Einführungspreis von 10 Franken pro Rolle, also zum halben Preis des regulären Modells. Das Angebot gilt bis Ende 2026 und richtet sich an die Nutzerschaft von Unterflurbehältern.

In St. Gallen stehen inzwischen über 400 solcher U-Behälter bereit – laut Entsorgung St. Gallen befinden sich rund 75 Prozent der Haushalte in Gehdistanz zu einem solchen unterirdischen Behälter. Der neue U-Sack sei darum eine «praktische, saubere und effiziente Entsorgungsalternative». Weil der U-Sack ausschliesslich unterirdisch entsorgt werde, trage er auch dazu bei, das Stadtbild geordnet zu halten und verhindere, dass Tiere Säcke aufreissen.

Auch logistisch bringe er Vorteile, sagt Marco Sonderegger, Leiter Entsorgung Stadt St. Gallen gegenüber SRF News weiter: Weniger manuelle Sackeinsammlung bedeute eine Erleichterung für das Sammelpersonal und schlankere Abläufe.

Die bestehende Strassensammlung bleibt unverändert bestehen, ebenso die Möglichkeit, konventionelle Gebührensäcke in Unterflurbehältern zu nutzen. «Der U-Sack ergänzt somit das bewährte System – freiwillig und flexibel.»

Nach der zweijährigen Einführungsphase wird Entsorgung St. Gallen den Pilotversuch evaluieren und über eine mögliche Weiterführung entscheiden.

Nach dieser Volksabstimmung setzte der Stadtrat auf eine neue Lösung, die Kehrichtabfuhr über einen kostenpflichtigen Sack zu regeln. Vor genau 50 Jahren – am 30. Juni 1975 – wurde der Gebührensack eingeführt: Wer mehr wegwarf, bezahlte mehr. Das sogenannte Verursacherprinzip war geboren – und wurde später auch auf Bundesebene verankert.

Ein Exportmodell mit Vorbildcharakter

Der St. Galler Ansatz überzeugte: In den folgenden Jahren führten zahlreiche Deutschschweizer Gemeinden den Gebührensack ein, später folgten auch Regionen in der Romandie und im Tessin. Das Bundesamt für Umwelt bilanziert: Dank der Sackgebühr sank die Kehrichtmenge in der Schweiz um rund 30 Prozent. Recycling wurde attraktiver, der Müll insgesamt besser getrennt.

Der Sack als Kulturgut

Heute ist der «Güselsack» mehr als nur ein funktionales Verpackungsmittel: ein Symbol für Schweizer Sauberkeit, Ordnung und Umweltverantwortung. Ob der hellgraue Sack mit Smileys aus St. Gallen oder der dunkelblaue Zürisack – jede Region hat ihren Stil. Und auch die Preise zeigen Vielfalt: Bei seiner Einführung vor 50 Jahren kostete eine Rolle mit zehn 35-Liter-Gebührensäcken in St. Gallen 3 Franken 50 – heute sind es fast sechsmal so viel, nämlich 20 Franken.

Regionaljournal Ostschweiz, 30.06.2025, 07.31 Uhr ; 

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