Durchschnittlich kommen Schweizer Regierungsmitglieder auf eine Amtszeit von nur rund zehn Jahren. Somit ist der im Dezember abtretende Bundespräsident Alain Berset mit einer Amtszeit von drei ganzen Legislaturen respektive zwölf Jahren überdurchschnittlich lange im Amt.
Berset liegt mit zwölf Jahren allerdings im jüngsten Trend. Auch die zuletzt vor ihm zurückgetretenen Bundesratsmitglieder waren überdurchschnittlich lange im Amt: SVP-Minister Ueli Maurer kam auf 14 Jahre, SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga wie Berset ebenfalls auf zwölf Jahre. Berset wird also längst nicht als Rekordhalter in die Annalen eingehen.
Die Top-3 der Rekordhalter:
Karl Schenk (BE/FDP): 32 Jahre im Amt
Die bisher längste Bundesrats-Amtszeit der Geschichte hat Karl Schenk. Der Berner verunfallte 1895 nach 32 Jahren im Amt tödlich – eine Kutsche erfasste den 71-Jährigen beim Bärengraben. Schenk war sechsmal Bundespräsident. Sein grösster politischer Erfolg war die Umsetzung des Gotthardbahnprojekts.
Im Stadtberner Quartier Holligen ist die Schenkstrasse nach ihm benannt. In der Berner Innenstadt gibt es das Karl-Schenk-Haus mit der Karl-Schenk-Passage an der Spitalgasse 4. Seine Heimatgemeinde Signau hat 2022 beim Bahnhof den Bundesrat-Carl-Schenk-Platz eingeweiht.
Adolf Deucher (TG/FDP): 29 Jahre im Amt
Adolf Deucher war 29 Jahre lang Bundesrat. Deucher war viermal Bundespräsident. Als Volkswirtschaftsminister prägte er die Schweizer Sozialgesetzgebung um die Jahrhundertwende entscheidend mit und setzte sich besonders für den Arbeiterschutz ein. Insgesamt stand er fünf verschiedenen Departementen vor.
1912 starb Deucher nach kurzer Krankheit 81-jährig im Amt. Für seine verschiedenen Verdienste erhielt er 1886 das Ehrenbürgerrecht von Frauenfeld. 1896 wurde er auch Ehrenbürger von Genf.
Giuseppe Motta (TI/konservative Volkspartei): 28 Jahre im Amt
Guiseppe Motta war 28 Jahre lang Bundesrat. Der Tessiner war fünfmal Bundespräsident. 1940 starb der KVP-Politiker (Vorläufer der Mitte-Partei) Motta nach mehreren Schlaganfällen 68-jährig im Amt.
Motta hatte zwei Jahrzehnte lang die Aussenpolitik der Schweiz entscheidend mitgeprägt. Er engagierte sich erfolgreich für den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund (1920). In den 1930er-Jahren versuchte er, die Beziehung des Landes zum nationalsozialistischen Deutschland und dem faschistischen Italien trotz Krisen zu wahren.
Auch weit über 20 Jahre im Amt waren die seinerzeit sehr populären Bundesräte Philipp Etter (von 1934 bis 1959) und Emil Welti (1867 bis 1891). Etter (ZG/KVP) war 25 Jahre lang Bundesrat und erhielt dafür den Übernamen «L'éternel» ( «Der Ewige»). Auch Welti (AG/FDP) zählte zu den einflussreichsten Schweizer Politikern seiner Epoche. Er vereinheitlichte die Armee, gestaltete die neue Bundesverfassung (1874) und war massgeblich daran beteiligt, dass die Gotthardbahn (1872-1882) gebaut wurde.