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Abstimmung Kanton Zürich Auch vorläufig Aufgenommene sollen rasch Stipendien erhalten

Der schnelle Weg an den Stipendientopf ist umstritten. Die Gegner halten dies für ein falsches Signal.

Sollen vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer früher als bis anhin Stipendien erhalten – oder soll die bisherige Wartefrist von fünf Jahren bestehen bleiben? Das ist die zentrale Frage bei dieser Vorlage.

Sie geht zurück auf einen Vorstoss von Grünen, GLP und EVP. Die Zürcher Regierung und eine Mehrheit des Kantonsparlaments befürworten die Änderung. Weil die SVP gegen die Abschaffung der Wartefrist das Referendum ergriffen hat, haben die Zürcher Stimmberechtigten das letzte Wort.

Ein Mann arbeitet im Logistikzentrum der Post
Legende: Eine Mehrheit der Betroffenen benötigt Stipendien für eine Berufslehre. (Symbolbild) Keystone/Gaetan Bally

Die Zürcher Regierung, aber auch die politischen Parteien von links bis in die Mitte, sehen in den schneller gewährten Stipendien einen wichtigen Schritt hin zur Integration. Für Betroffene seien Stipendien für eine Lehre oder ein Studium eine grosse Hilfe, um beruflich oder im Leben vorwärtszukommen und sich selbst zu finanzieren.

Was bedeutet «vorläufig aufgenommen» genau?

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Vorläufig Aufgenommene sind Personen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde. Trotzdem können sie in der Schweiz bleiben, wenn eine Rückkehr unzumutbar, unmöglich oder unzulässig ist. Zum Beispiel, weil im Heimatland Krieg herrscht. Die Schweiz muss sich diesbezüglich ans Völkerrecht halten.

Betroffene dürfen vorläufig für zwölf Monate bleiben. Diese Frist kann verlängert werden, wenn die Situation im Heimatland unverändert bleibt. Nach fünf Jahren können sie den Ausweis B beantragen, das ist der Status eines anerkannten Flüchtlings. Vorläufig Aufgenommene dürfen in der ganzen Schweiz arbeiten.

Per Ende 2023 weist die Statistik des Bundes 45'346 vorläufig aufgenommene Personen aus. (Quelle: Staatssekretariat für Migration SEM)

Bis anhin seien vorläufig Aufgenommene ohne Stipendium während fünf Jahre von einer Ausbildung praktisch ausgeschlossen, argumentieren die Befürworter. Sozialhilfegeld oder ein anderes Einkommen, etwa im Tieflohnbereich, würde für eine Ausbildung kaum ausreichen.

Schneller beziehbare Stipendien brächten gleich mehrere Vorteile: bessere Integration, Entlastung der Gemeindehaushalte und Entschärfung des Fachkräftemangels, sagt etwa SP-Kantonsrätin Qëndresa Sadriu. Ausserdem, so die Meinung der Pro-Seite: Diese Menschen seien trotz des negativen Asylentscheids hier, also sollten sie auch integriert werden.

Für die Gegner im bürgerlichen und konservativen Lager aber ist klar: Diese Menschen dürften aufgrund ihres negativen Asylentscheids gar nicht erst hier sein, darum müsse man ihnen auch keine Ausbildung finanzieren.

Ein vereinfachter Zugang zu Stipendien für diese Menschen sende überdies das völlig falsche Signal, sagt etwa Domenik Ledergerber, Präsident der SVP des Kantons Zürich. Mit einem Nein solle mithin dafür gesorgt werden, dass die Zahl vorläufig Aufgenommener nicht weiter zunimmt.

Die Parolen der Parteien

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Ja: SP, Grüne, EVP, AL, GLP und die Mitte

Nein: SVP, FDP, EDU

Die Zürcher Regierung und eine Mehrheit des Kantonsparlaments befürworten die Vorlage.

Bei dieser Abstimmung geht es um relativ wenig Geld – und relativ wenig Betroffene. Aktuell beziehen im Kanton Zürich rund 220 vorläufig Aufgenommene ein Stipendium. Das sind vier von 100 Stipendienbezügerinnen und -bezügern.

Würde die fünfjährige Wartefrist fallen, wären es doppelt so viele, rechnet die Kantonsregierung vor. Kostenpunkt: drei bis vier Millionen Franken. Trotz dieser verhältnismässig überschaubaren Zahlen ist der Abstimmungskampf hitzig, denn bei dieser Abstimmung geht es nicht zuletzt auch um die generelle Frage, wie hier mit vorläufig Aufgenommenen umgegangen werden soll.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 05.09.2024, 17:30 Uhr ; 

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