Sie sind Momentaufnahmen, können vor Abstimmungen aber einen falschen Eindruck vermitteln: So bei der Abstimmung über die E-ID, als Umfragen ein klares Ja voraussagten, das Resultat aber mit einem äusserst knappen Ja ausgefallen ist. Die Politologin Martina Mousson vom Forschungsinstitut GFS Bern erklärt, weshalb.
Was für Lehren zieht GFS Bern aus Umfragen, die weit vom Abstimmungsergebnis entfernt liegen – wie bei der E-ID?
Wir lernen laufend, nicht nur nach solchen Abstimmungen. Das ist uns wichtig, uns permanent zu verbessern. Daran messen wir uns. Das Learning, das wir hier mitgenommen haben, ist, dass wir stärker auf Mobilisierungseffekte achten müssen, insbesondere nach dem Abschluss unserer letzten Umfrage, die in der Regel drei Wochen vor dem Abstimmungstermin durchgeführt wird.
Sie können sich das wie einen Film vorstellen, wo man kurz Pause drückt.
Wie muss man Umfrageergebnisse einordnen?
Wichtig ist, im Hinterkopf zu haben, dass wir bei GFS Bern Momentaufnahmen machen. Sie können sich das ein bisschen wie einen Film vorstellen, wo wir einmal kurz pausieren und dann drei Wochen später noch einmal. Und dann läuft der Film aber noch drei Wochen weiter bis zur Abstimmung.
Was können diese Meinungsumfragen für die Demokratie tun? Wie wichtig sind sie?
Sie sind im gesamten Informationssystem zu sehen. Medien spielen hier eine wichtige Rolle. Umfragen sind ein Teil des Informationsangebots im Vorfeld von Abstimmungen, die durch diverse Akteure geleistet werden, auch durch Parteien, durch das Parlament und manchmal durch Einzelpersonen. Umfragen bieten eine Orientierung im Vorfeld von Abstimmungen, in welche Richtung es gehen könnte.
Wie sehr aber Umfragen die Mobilisierung wirklich beeinflussen, ist ein grosses Fragezeichen.
Die Umfragen werden oft sehr ernst genommen von politischen Parteien und Akteuren. Glauben Sie, dass sie auch mobilisieren können in die eine oder andere Richtung? Gerade, wenn man sieht, dass es knapp wird.
Mobilisierung ist ein ganz wichtiger Faktor bei Abstimmungen. Wie sehr aber Umfragen diese wirklich beeinflussen, ist ein grosses Fragezeichen. Es gibt Thesen in alle möglichen Richtungen, die so aber nicht belegt werden können. Vermutlich, weil sich die Effekte in der Summe auch aufheben können.
Wie gut sind Ihre Umfragen?
Umfragen sind sicher ein zuverlässiges Orientierungsinstrument in Abstimmungskämpfen. Wir verbessern uns laufend. Das kann man messen. Wir sind insbesondere stark bei Behördenvorlagen, Referenden. Bei Initiativen gibt es mehr Abweichungen. Nichtsdestotrotz muss man festhalten, dass es immer wieder überraschende Situationen, Konstellationen und Mobilisierungsfälle geben kann. Diese fordern uns heraus.
Das Gespräch führte Noëmi Ackermann.