Was war das für ein Krimi an diesem Abstimmungssonntag: Bis zirka 16 Uhr war noch völlig offen, wie das Abstimmungsergebnis zur E-ID ausfallen wird. Über Stunden hinweg lagen das Pro- und Contra-Lager in den Hochrechnungen mit 50 Prozent Stimmenanteil gleich auf.
Nach langem Warten konnte sich GLP-Nationalrat Jürg Grossen dann doch noch freuen. Mit einer solchen Zitterpartie hätte er nicht gerechnet: «Ehrlich gesagt bin ich heute Morgen aufgestanden und habe gedacht: Das wird eine klare Sache», so der Parteipräsident im SRF-Abstimmungsstudio. Dass es nun doch gereicht hat, führt Grossen auf die Mobilisierung in den Städten zurück.
Lukas Reimann, SVP-Nationalrat und gegen die E-ID-Vorlage, geht in diesem Abstimmungskampf als Verlierer nach Hause. Doch Reimann zeigt sich stolz: «Es ist ein grosser Erfolg, dass wir fast 50 Prozent der Leute haben erreichen können», bilanziert Reimann.
Man habe die Mehrheit der Kantone hinter sich scharen können, was im Vorfeld niemand für möglich geglaubt hätte. Reimann fordert angesichts des knappen Ergebnisses, dass man die Befürchtungen jener, die die E-ID abgelehnt haben, ernst nehme und Gesetzesanpassung vornehme.
Monica Amgwerd, Kampagnenleiterin des Nein-Komitees, präzisiert: Die Freiwilligkeit, die ihrer Meinung nach nicht gegeben sei, soll im Gesetz explizit verankert werden, sowie ein Recht auf ein Offline-Leben, die Verknüpfbarkeit von Daten und der Ausschluss privater Firmen, die die E-ID-Infrastruktur benützen könnten. Diese «Sicherheitsgarantien» gehörten ins Gesetz, fordert Amgwerd in der Runde lautstark.
Die Zweifel, die im Vorfeld geschürt wurden, seien gross gewesen, konstatiert Grünen-Nationalrat und ehemaliger Bundesratskandidat Gerhard Andrey. «Es gibt ein ‹Malaise› da draussen bei den Menschen in der Digitalisierung.» Obwohl die E-ID das Mittel gegen dieses ‹Malaise› sei, hatte er den Eindruck, «dass viele Leute das Gefühl hatten, es macht das Problem grösser.»
Die Befürworterseite zeigt sich in der SRF-Runde offen, den Sorgen der Gegnerinnen und Gegner der Vorlage Hand zu bieten. Bei soviel Skepsis im Land sei es wichtig, die Bedenken auch ernst zu nehmen, sagt Grossen. Die Freiwilligkeit und Sicherheit werde unter Beweis gestellt. Erreiche man das nicht, werde es relativ rasch wieder zu einer Abstimmung kommen. «Das möchten wir wirklich nicht.»
Das sagen die anderen grossen Parteien
Der Skepsis Einhalt gebieten scheint auch die SP zu wollen. Nun müsse die Regulierung der Big-Tech-Konzerne vorangetrieben werden, heisst es in einer Mitteilung der Partei. Sie begrüsse aber die Annahme der E-ID-Vorlage. Es sei ein «Sieg für die Grundrechte, den Service public und die digitale Souveränität, lässt sich SP-Co-Präsident Cédric Wermuth zitieren.
Auch die Mitte freut sich über das Resultat. Es biete der Bevölkerung «eine sichere, kostenlose und freiwillige Möglichkeit zur Online-Identifikation», heisst es in einer Mitteilung.
Und die FDP, die sich im Abstimmungskampf wie alle anderen grossen Parteien ausser der SVP für die Vorlage starkmachte, jubelt ebenfalls: «Sie [die E-ID] stärkt künftig die digitale Souveränität der Bürgerinnen und Bürger, vereinfacht das Leben, reduziert Bürokratie, garantiert Datensicherheit und öffnet wichtige Türen für unseren Innovations- und Forschungsstandort.»