Die Berner Ausgleichskasse gehört zu den grössten kantonalen Ausgleichskassen. Sie ist zuständig für AHV-Auszahlungen und Ergänzungsleistungen, muss aber bis 2028 jährlich mehrere Millionen Franken sparen. Recherchen von SRF zeigen, dass die Kasse deshalb einen Stellenabbau plant. Dies erstaunt den Experten nicht.
Die Situation der Berner Ausgleichskasse sei nämlich kein Einzelphänomen, sagt Ueli Kieser, Titularprofessor an der Universität St. Gallen. «Im Vergleich zu einer gut geführten Verbandsausgleichskasse hat die kantonale Ausgleichskasse wahrscheinlich immer einen Mehraufwand pro Unternehmen», erklärt er.
Die Anforderungen werden immer komplexer – und fordern die Kassen.
Kantonale Kassen müssen alle Arbeitgeber aufnehmen, die keiner Verbandsausgleichskasse angehören – oft kleinere, administrativ weniger versierte Unternehmen. Das sei aber nicht alles.
Die Aufgaben der Ausgleichskassen nehmen stetig zu, während neue gesetzliche Vorschriften, komplexere Rentenberechnungen und eine steigende Zahl an Konkursen den Druck erhöhen. Kieser vermutet, dass andere Kantone vor ähnlichen Problemen stehen könnten.
Digitalisierung als Herausforderung
Eine besondere Herausforderung stellt die Digitalisierung dar. Die zunehmend komplizierten Gesetze und Verordnungen erschweren die technische Umsetzung. Kieser warnt: «Die Anforderungen können tatsächlich einmal so komplex werden, dass man es mit einer Digitalisierung fast nicht mehr auffangen kann.»
Als möglichen Lösungsansatz schlägt der Experte vor, bestimmte Digitalisierungsprojekte gesamtschweizerisch anzugehen. Allerdings sieht er in der Vereinheitlichung der vielen bestehenden Systeme eine weitere grosse Herausforderung.
Erstaunt über die Entwicklung bei der Ausgleichskasse des Kantons Bern ist Melanie Gasser. Die GLP-Politikerin ist Vizepräsidentin der Gesundheits- und Sozialkommission des Berner Kantonsparlaments. In dieser Funktion bereitet sie die Geschäfte rund um das Soziale vor. «Ich bin besorgt und habe Fragezeichen, ob die Aufsicht da die Aufgabe erfüllt hat», sagt sie. Gasser fordert rasches Handeln der Direktion und genaue Aufsicht durch Regierungsrätin Evi Allemann.
Sie erwartet zudem Effizienzsteigerungen ohne harte Kündigungen, vor allem durch natürliche Fluktuation und Digitalisierung. «Jetzt sollte man fokussieren und nicht zu viele Projekte angehen.» Sie warnt davor, Arbeitgeber oder Gemeinden zusätzlich zu belasten und kritisiert, dass die Öffentlichkeit nicht früher über die finanzielle Lage informiert wurde.