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«Arena» zum EU-Vertragspaket Angespannte Weltlage: Braucht es jetzt mehr oder weniger EU?

Nun sind die EU-Verträge öffentlich. Damit ist der Startschuss gefallen für die Vernehmlassung und die innenpolitische Debatte. Diverse Punkte bleiben umstritten. Auch die Frage, ob es in solch unsicheren Zeiten mehr oder weniger Annäherung an die EU braucht, treibt die Gäste in der «Arena» um.

In der Nacht auf Freitag erreichte der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eine neue Eskalationsstufe: Die israelische Armee hat unter anderem nukleare Anlagen im Iran angegriffen. Teheran reagierte mit heftigen Gegenangriffen. Die Situation sei nicht nur für den Nahen Osten heikel, schätzt Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter die Lage ein. Der Iran sei eine Atommacht, was die Eskalation auch für Europa gefährlich mache, so die Baselbieterin. Diese Einschätzung teilen auch die weiteren «Arena»-Gäste. 

Die Gäste in der «Arena»:

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Für Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone ist deshalb klar, dass es in der aktuellen geopolitischen Weltlage «dringlicher denn je» Regeln brauche: «Und diese Regeln schafft man mit der EU.»

Gibt die Schweiz ihre Souveränität auf?

Am Freitag veröffentlichte der Bundesrat das neue EU-Vertragspaket. Es stärke die Unabhängigkeit der Schweiz, so Aussenminister Ignazio Cassis. Für SVP-Nationalrat Franz Grüter bedeutet es das Gegenteil: «Die EU diktiert, was in der Schweiz zu gelten hat.» Problematisch sieht der Luzerner die dynamische Rechtsübernahme und das vorgesehene Schiedsgericht.

Darin liege der Vorteil der neuen Verträge, kontert FDP-Ständerat Matthias Michel: «Zum ersten Mal in der Beziehung zur EU haben wir ein klares Verfahren, wenn es Konflikte gibt.» Die Schweiz gewinne sogar an Souveränität, weil die EU künftig keine willkürlichen Strafmassnahmen mehr treffen könnte, wie etwa den Ausschluss aus dem Forschungsprogramm «Horizon Europe». Grüter befürchtet allerdings, dass das Stimmrecht des Volks beschränkt werden könnte, wenn im Raum stehe, dass die EU Gegenmassnahmen ergreifen könnte.

Für die Grünliberale Ständerätin Tiana Moser sind geregelte Beziehungen zur EU ein Muss: «Unser Wohlstand beruht auf dem Export.» Die EU sei der Schweizer Heimmarkt. Genau wie FDP-Ständerat Michel und Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter findet auch Moser, dass die neuen institutionellen Regeln der Schweiz mehr Rechtssicherheit garantieren. Ebenso positiv beurteilt SP-Vizepräsident David Roth das Verhandlungsergebnis. Mit den neuen Abkommen sei auch der Lohnschutz endlich gewährleistet, so der Gewerkschafter.

Diskussion um Sinn oder Unsinn der Schutzklausel

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Die neuen EU-Abkommen sehen eine Konkretisierung der sogenannten Schutzklausel vor. Sie soll sicherstellen, dass die Schweiz die Zuwanderung aus der EU unter gewissen Umständen vorübergehend einschränken kann. Für die SVP eine reine «Nebelpetarde», wie SVP-Nationalrat Franz Grüter sagt. Die Vergangenheit habe bereits gezeigt, dass der Bundesrat nicht mutig genug sei, die Klausel anzurufen. Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone wiederum sagt: «Es braucht keine Schutzklausel.» Die Zuwanderung trage wesentlich zum Wohlstand der Schweiz bei und sei «Teil der Lösung».

Bei der Mitte und den Grünliberalen scheint die Schutzklausel mehrheitlich gut anzukommen, ebenso bei der FDP. Ständerat Matthias Michel betont allerdings, es sei mindestens genauso wichtig, das Arbeitskräftepotenzial im Inland besser auszuschöpfen, dann sei man nämlich auch weniger auf die Zuwanderung aus der EU angewiesen. Für SP-Vizepräsident David Roth ist derweil klar, dass die Schweiz ihre innenpolitischen Probleme, etwa die Wohnungsknappheit, selber lösen müsse und dafür keine Schutzklausel mit der EU brauche.

Ungewöhnliche Allianz beim Stromabkommen

Kritisch beurteilt Roth allerdings das neue Stromabkommen. Es sieht eine Teilliberalisierung des Schweizer Strommarktes vor. Roth befürchtet, dass damit ein «Pseudowettbewerb» entstehen könnte und Private unter Umständen höhere Strompreise bezahlen müssten. Und: «Ich glaube nicht, dass in einem liberalisierten Strommarkt die Stromkonzerne in der Schweiz erneuerbare Energien zubauen werden.» Die Energiewende könnte also darunter leiden, so Roth.

Für Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone ist hingegen klar, dass das Stromabkommen für die Energiewende zentral ist. Es garantiere Netzstabilität und die Schweiz könnte genügend Strom, etwa aus Wind- oder Sonnenenergie, aus der EU importieren. SVP-Nationalrat Grüter teilt Roths Befürchtung. Zudem geht er davon aus, dass die Schweiz ihre Winterstromreserven den EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen müsste, was wiederum die Versorgungssicherheit gefährde.

Der Rest der Runde ist sich derweil einig: Ein Stromabkommen mit der EU sei von zentraler Bedeutung für die Versorgungssicherheit in der Schweiz und auch für die Energiewende.

Arena, 13.06.2025, 22:25 Uhr; blal

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