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Ausbau erneuerbarer Energie Verbandsbeschwerderecht bleibt – und fordert Umweltschutzverbände

Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat dem überarbeiteten Beschleunigungserlass zugestimmt. Nach langem Ringen haben die Räte beim entscheidenden Punkt, beim Verbands­beschwerde­recht, einen Kompromiss gefunden. Das Verbands­beschwerde­recht wird bei 16 Wasserkraftprojekten nicht grundsätzlich eingeschränkt, sondern punktuell: Natur- und Umweltschutzverbände, aber auch Initianten von Stauseen können Beschwerden für diese 16 Projekte noch bis ans höchste kantonale Gericht weiterziehen und nicht bis vor Bundesgericht.

Verbandsbeschwerderecht bleibt gewahrt

Damit bleibt das Verbandsbeschwerderecht in seinen Grundzügen gewahrt. Für die Schweiz ist das ein wichtiges Signal. Die Zeiten, als man ganze Bergtäler für neue Stauseen ungeachtet von Kritik geflutet hat, sind vorbei. Doch gerade bei der Debatte im Ständerat entstand beinahe der Eindruck, als wünschten sich Kritiker des Verbandsbeschwerderechts solche Zeiten wieder zurück.

Dass aber sogar die Strombranche gegen eine komplette Abschaffung des Verbandsbeschwerderechtes war, sollte den Kritikern zu denken geben. So stehen sie mit ihrer Haltung ziemlich alleine da. Und apropos Stromkonzerne: Auch wenn es die Unternehmen nur ungern zugeben, dank des Verbands­beschwerde­rechts hat schon manch ein Projekt an Qualität gewonnen.

Mit dem Entscheid, das Verbandsbeschwerderecht nicht grundsätzlich einzuschränken, stehen nun aber auch die Natur- und Umwelt­schutz­organisationen in der Pflicht. Sie müssen das gewährte Recht mit Augenmass anwenden, ansonsten riskieren sie bei einer nächsten Debatte politischen Rückhalt zu verlieren.

Gleichzeitig ist es in der Debatte um das Verbands­beschwerde­recht angezeigt, eine gewisse Verhältnismässigkeit zu wahren. Die Natur- und Umwelt­schutz­organisationen pauschal als Verhinderer darzustellen, entspricht nicht der Realität.

Wirtschaftlichkeit als entscheidender Faktor

Gerade die jüngere Vergangenheit zeigt, dass Projekte für erneuerbare Energien oft nicht an den Einwänden der Verbände scheitern, sondern am Widerstand der lokalen Bevölkerung oder von Alpgenossenschaften, weil Projekte technisch zu kompliziert sind oder weil sich gewisse Vorhaben schlicht nicht rechnen.

Insbesondere die Wirtschaftlichkeit ist ein entscheidender Faktor: Exemplarisch zeigt sich das anhand eines neuen Pumpspeicherprojekts beim Lago Bianco im Berninagebiet. Das Projekt verfügt seit Jahren über eine Konzession, wird aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt.

Zudem stellt sich noch eine grundsätzliche Frage: Aktuell dreht sich alles um den Bau von neuen Anlagen. Viel wäre auch zu gewinnen, wenn mit gleichem politischem Eifer die Energieeffizienz vorangetrieben würde. Dann müssten etliche neuen Vorhaben gar nicht erst gebaut werden – und der Streit darüber würde sich erübrigen.

In der Realität ist es allerdings so, dass ohne neue Anlagen die Kantone keinen Wasserzins erhalten, die Gemeinden keinen Solarrappen und die Aktionäre keine Dividende.

Matthias Heim

Wirtschaftsredaktor

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Matthias Heim hat Wirtschaftsgeschichte studiert. Seit 2007 arbeitet er für Radio SRF, seit 2016 ist er Wirtschaftsredaktor. Seine Spezialgebiete sind Aviatik, Tourismus, Verkehr, Detailhandel und Energie.

Echo der Zeit, 23.9.2025, 18 Uhr;liea

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