Aussenminister Ignazio Cassis reist für einen Besuch nach Nordeuropa. Auf dem Programm stehen Treffen mit Regierungsvertretern von Norwegen und Dänemark. Von der schwedischen Aussenministerin Ann Linde hingegen wurde er ausgeladen. SRF-Nordeuropakorrespondent sagt, wie es dazu kam.
SRF News: Was ist die offizielle Begründung von Schweden, den schweizerischen Aussenminister auszuladen?
Bruno Kaufmann: Die offizielle Begründung ist diplomatisch zurückhaltend. Es heisst, das geplante Treffen der Aussenminister sei nicht mehr aktuell. Inoffiziell ist aber zu erfahren, dass dahinter die Verärgerung Schwedens steht, dass der Schweizer Bundesrat im Frühjahr ein Exportverbot für eine Firma im Kanton Zug, die Crypto International AG, verhängt hat.
Beim Skandal um die Zuger Firma haben der US-amerikanische und der deutsche Geheimdienst jahrzehntelang andere Staaten ausspioniert. Die Affäre kam Anfang Jahr dank Recherchen der «Rundschau», «Washington Post» und dem «ZDF» ans Licht. Inwiefern betrifft dies Schwedens Sicherheitspolitik? (Siehe Anmerkung der Redaktion oben)
Gleich in zweifacher Weise: Einerseits ist diese Firma schon lange in schwedischem Besitz und – das ist das Heikle – die Firma liefert dem schwedischen Staat hochwertige, abhörsichere Hard- und Software im Bereich Informationstechnologie. Sie ist die für die schwedische Staatsverwaltung wichtig, unterliegt aber gleichzeitig einer Geheimhaltung.
Welche Forderungen stellt Schweden nun?
Die Forderungen werden nicht explizit ausgedrückt, weil es sich ja um Bereiche handelt, die der Geheimhaltung unterliegen. Gleichzeitig ist man mit dieser Ausladung an die Öffentlichkeit gegangen. Es ist klar, dass eben dieses bundesrätliche Exportverbot für die Crypto International AG nicht geschätzt wird. Und letztlich erwartet man, dass es dieses Verbot nicht mehr geben soll.
Trotz des feierlichen Anlasses von 100 Jahren diplomatischer Beziehungen zu Schweden entschied sich das Land für den diplomatischen Eklat. Weshalb zeigt sich Schweden so hart?
Es ist überraschend, weil diese Bereiche sich quasi ausschliessen, einerseits die symbolträchtige Feier, andererseits diese im Geheimhaltungsbereich gehaltene Frage der Abhöreinrichtungen. Ich denke, es hängt auch mit der Person der schwedischen Aussenministerin Ann Linde zusammen.
Schwedens Aussenministerin war in einen Skandal verwickelt, als schwedische Daten unrechtmässig ins Ausland geliefert wurden. Das ist die unglückliche Verbindung dieser zwei Dinge.
Sie hat eine besondere Sensibilität, weil sie vor ihrer Wahl zur Aussenministerin Staatssekretärin in Schweden war, zuständig für diese Fragen. Sie war damals in einen Skandal verwickelt, als schwedische Daten unrechtmässig ins Ausland geliefert wurden. Das machte ihr viele Probleme. Das ist die unglückliche Verbindung dieser zwei Dinge.
Cassis reist trotzdem nach Nordeuropa. Was sind die geplanten Themen seiner Treffen in Dänemark und Norwegen?
Ja, Cassis reist am Nachmittag nach der Bundesratssitzung zusammen mit einer Delegation von Parlamentariern in Norwegens Hauptstadt Oslo. Norwegen ist ein Efta- und EWR-Land. Bei der Bundesratssitzung wird vielleicht auch die Frage des Rahmenabkommens diskutiert, und deshalb sind diese europapolitischen Fragen interessant.
In der Residenz der Schweizer Botschafterin in Kopenhagen findet ein Festdinner statt: Auch Dänemark und die Schweiz feiern 100 Jahre diplomatische Beziehungen.
Das trifft auch auf das EU-Mitglied Dänemark zu, wo Cassis morgen Donnerstag eintreffen und symbolträchtig von Königin Margarete II. empfangen wird. Am Abend findet in der Residenz der Schweizer Botschafterin in Kopenhagen ein Festdinner statt, weil auch Dänemark und die Schweiz 100 Jahre diplomatische Beziehungen feiern.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.