In Bern sollen mit dem Bären- und Waisenhausplatz zwei zentrale Plätze umgestaltet werden. Sie liegen in der Achse zum Bundeshaus, haben eine jahrhundertealte Geschichte und sind ein beliebtes Sujet für Postkarten aus der Bundesstadt.
Nach jahrzehntelanger Planung wird nun klar, wie die Plätze künftig aussehen sollen. Sie sollen vor allem besser für Hitzephasen gerüstet werden – doch das hat seinen Preis.
So sollen Bären- und Waisenhausplatz künftig aussehen
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Bild 1 von 5. Wenn man vom Bärenplatz Richtung Bundeshaus blickt, sollen künftig zusätzliche Bäume stehen. Bildquelle: zvg/Nightnurse Images AG.
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Bild 2 von 5. Aktuell ist der Platz vor allem geprägt durch die Asphaltstrasse. Die soll weichen. Bildquelle: zvg/Nightnurse Images AG.
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Bild 3 von 5. Künftig sollen Pflastersteine das historische Erbe der Berner Altstadt auch in diesem Perimeter hervorheben. Bildquelle: zvg/Nightnurse Images AG.
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Bild 4 von 5. Die Pflastersteine sollen auch auf dem Waisenhausplatz stehen – mit neuen Treppen. Bildquelle: zvg/Nightnurse Images AG.
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Bild 5 von 5. Damit wird jedoch die grosse Fläche, die heute für Veranstaltungen wie Märkte genutzt wird, kleiner. Bildquelle: zvg/Nightnurse Images AG.
Das Herzstück: Der Asphalt weicht Pflastersteinen. Durch die Fugen kann Regenwasser versickern, das gespeichert wird und später von den Bäumen wieder genutzt und verdunstet werden kann. Dieses Schwammstadt-Prinzip soll die Stadt kühlen.
Mehr Schatten mit Bäumen und Sonnenschirmen
Auch Bäume, die zusätzlich gepflanzt werden, sollen beim Kühlen helfen. 33 zusätzliche Bäume sind geplant. Auf einem Teil des Waisenhausplatzes ist dies jedoch nicht möglich, da unterhalb des Platzes ein Parking steht. Dort werden mobile Sonnenschirme aufgestellt.
«Das ist eine Investition in die Zukunft, in die Leute und in die Klimaanpassungsmassnahmen, die dringend notwendig sind», betont die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit. Die Stadt will die Plätze zudem stärker von den Verkehrsachsen trennen.
Bären- und Waisenhausplatz: Eine jahrhundertealte Geschichte
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Bild 1 von 7. Die Plätze wurden bereits in der Vergangenheit oft genutzt, um politische Anliegen zu deponieren. Wie etwa 1945, als für das Frauenstimmrecht geworben wurde. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 2 von 7. Auch für internationale Anliegen versammeln sich regelmässig Tausende Menschen auf den Plätzen – wie 1956 an einer Kundgebung für die Freiheitskämpfer des ungarischen Volksaufstandes. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Str.
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Bild 3 von 7. Um 1949 gab es auf dem Waisenhausplatz noch Autoparkplätze. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Hugo Loertscher.
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Bild 4 von 7. Der südliche Teil hiess in der Mitte des 16. Jahrhunderts noch Viehmarkt, dann Holzmarkt, im 18. und 19. Jahrhundert Schweinemarkt. Bildquelle: KEYSTONE/PHOTOPRESS-ARCHIV/Hugo Loertscher.
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Bild 5 von 7. Bekannt sind die Plätze zum Verweilen. Beim Bärenplatz lockt die «Front» Leute an – wie hier 1998. Bildquelle: KEYSTONE/EDI ENGELER.
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Bild 6 von 7. Die Plätze ziehen die Leute auch in der Mittagspause an. Bildquelle: KEYSTONE/Lukas Lehmann.
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Bild 7 von 7. Sie sind vor allem auch ein Ort für Veranstaltungen. Für den Wochenmarkt, den Weihnachtsmarkt oder wie im Bild den «Zibelemärit». Bildquelle: KEYSTONE/Peter Klaunzer.
Trotz Abtrennung und neuen Teilflächen sollen die Plätze den verschiedenen Nutzungen gerecht werden, betont die Stadt. Klar ist jedoch: Es wird Abstriche geben.
Weniger Platz für Markt
Die Stadt plant etwa Aufenthaltszonen ohne Konsumzwang, was Auswirkungen auf die Gastronomie und den Markt haben wird. «Auf den Bildern sieht dies immer schön aus, in der Realität sind die Stühle dreckig und stehen irgendwo herum», sagt Roger Christeler, der seit Jahrzehnten auf dem Bärenplatz Churros und Glace verkauft. Er macht sich Sorgen.
Das löst Existenzangst aus.
Die Foodtrucks werden auf den Waisenhausplatz verschoben. Weil zusätzlich auch die Bäume mehr Platz brauchen, werden die Flächen für den Markt auf dem Waisenhausplatz reduziert. Die Rede ist von bis zu neun von insgesamt 50 Ständen und Foodtrucks, die weichen müssen.
«Das löst Existenzangst aus», sagt Roger Christeler. Ein Umzug seines Marktstandes bedeute Einbussen: «Etwa die Hälfte unserer Kundschaft im Sommer sind Touristen, die den Bundesplatz besuchen. Die würden uns auf der anderen Seite fehlen.»
Gärtnerin Vreni Zürcher teilt die Sorgen: «Wenn ich den geplanten Platz anschaue, wäre es für mich gar nicht mehr möglich, einen Marktstand zu führen.» Mit ihrem Anhänger könne sie nicht mehr auf den Platz fahren.
Es ist ein Balanceakt.
Wie genau die Marktstände künftig stehen, werde in der nächsten Projektphase geklärt, das sei ein «Balanceakt», gibt Marc Heeb vom Stadtberner Polizeiinspektorat zu. Die Stadt wolle die Marktleute dabei einbeziehen.
Jahrzehntelang vertagt
Die Umgestaltung des Bären- und Waisenhausplatzes hat eine lange Geschichte. Sie ist seit über 30 Jahren in Planung. Bereits eine Volksinitiative aus dem Jahr 1988 verlangte mehr Sitzgelegenheiten und eine bessere Aufenthaltsqualität.
Aus finanziellen Gründen wurde das Grossprojekt jedoch immer wieder vertagt. Nach Vorstössen im Stadtparlament wurde es 2015 wieder aufgenommen.
Für die Umgestaltung der Plätze rechnet die Stadt Bern nun mit 36.7 Millionen Franken. Darüber wird das Stimmvolk voraussichtlich im Mai 2025 entscheiden. Das neue Postkarten-Sujet der Stadt Bern wäre somit frühestens 2027 bereit.