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Bären- und Waisenhausplatz Marktfahrer müssen Bäumen weichen: Bern will mehr Hitzeschutz

Der Hotspot Bären- und Waisenhausplatz in Bern soll hitzeverträglicher werden. Doch mehrere Marktstände müssen umziehen oder werden verdrängt.

In Bern sollen mit dem Bären- und Waisenhausplatz zwei zentrale Plätze umgestaltet werden. Sie liegen in der Achse zum Bundeshaus, haben eine jahrhundertealte Geschichte und sind ein beliebtes Sujet für Postkarten aus der Bundesstadt.

Nach jahrzehntelanger Planung wird nun klar, wie die Plätze künftig aussehen sollen. Sie sollen vor allem besser für Hitzephasen gerüstet werden – doch das hat seinen Preis.

So sollen Bären- und Waisenhausplatz künftig aussehen

Das Herzstück: Der Asphalt weicht Pflastersteinen. Durch die Fugen kann Regenwasser versickern, das gespeichert wird und später von den Bäumen wieder genutzt und verdunstet werden kann. Dieses Schwammstadt-Prinzip soll die Stadt kühlen.

Mehr Schatten mit Bäumen und Sonnenschirmen

Auch Bäume, die zusätzlich gepflanzt werden, sollen beim Kühlen helfen. 33 zusätzliche Bäume sind geplant. Auf einem Teil des Waisenhausplatzes ist dies jedoch nicht möglich, da unterhalb des Platzes ein Parking steht. Dort werden mobile Sonnenschirme aufgestellt.

«Das ist eine Investition in die Zukunft, in die Leute und in die Klimaanpassungsmassnahmen, die dringend notwendig sind», betont die zuständige Gemeinderätin Marieke Kruit. Die Stadt will die Plätze zudem stärker von den Verkehrsachsen trennen.

Bären- und Waisenhausplatz: Eine jahrhundertealte Geschichte

Trotz Abtrennung und neuen Teilflächen sollen die Plätze den verschiedenen Nutzungen gerecht werden, betont die Stadt. Klar ist jedoch: Es wird Abstriche geben.

Weniger Platz für Markt

Die Stadt plant etwa Aufenthaltszonen ohne Konsumzwang, was Auswirkungen auf die Gastronomie und den Markt haben wird. «Auf den Bildern sieht dies immer schön aus, in der Realität sind die Stühle dreckig und stehen irgendwo herum», sagt Roger Christeler, der seit Jahrzehnten auf dem Bärenplatz Churros und Glace verkauft. Er macht sich Sorgen.

Das löst Existenzangst aus.
Autor: Roger Christeler Marktfahrer

Die Foodtrucks werden auf den Waisenhausplatz verschoben. Weil zusätzlich auch die Bäume mehr Platz brauchen, werden die Flächen für den Markt auf dem Waisenhausplatz reduziert. Die Rede ist von bis zu neun von insgesamt 50 Ständen und Foodtrucks, die weichen müssen.

Mann in schwarzer Jacke vor einem Churro-Stand.
Legende: Der Foodtruck von Roger Christeler muss umziehen: vom Bären- auf den Waisenhausplatz. SRF/Samuel Burri

«Das löst Existenzangst aus», sagt Roger Christeler. Ein Umzug seines Marktstandes bedeute Einbussen: «Etwa die Hälfte unserer Kundschaft im Sommer sind Touristen, die den Bundesplatz besuchen. Die würden uns auf der anderen Seite fehlen.»

Gärtnerin Vreni Zürcher teilt die Sorgen: «Wenn ich den geplanten Platz anschaue, wäre es für mich gar nicht mehr möglich, einen Marktstand zu führen.» Mit ihrem Anhänger könne sie nicht mehr auf den Platz fahren.

Es ist ein Balanceakt.
Autor: Marc Heeb Co-Leiter Polizeiinspektorat Stadt Bern

Wie genau die Marktstände künftig stehen, werde in der nächsten Projektphase geklärt, das sei ein «Balanceakt», gibt Marc Heeb vom Stadtberner Polizeiinspektorat zu. Die Stadt wolle die Marktleute dabei einbeziehen.

Jahrzehntelang vertagt

Die Umgestaltung des Bären- und Waisenhausplatzes hat eine lange Geschichte. Sie ist seit über 30 Jahren in Planung. Bereits eine Volksinitiative aus dem Jahr 1988 verlangte mehr Sitzgelegenheiten und eine bessere Aufenthaltsqualität.

Aus finanziellen Gründen wurde das Grossprojekt jedoch immer wieder vertagt. Nach Vorstössen im Stadtparlament wurde es 2015 wieder aufgenommen.

Wo einst die Bären bestaunt wurden

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Historische Zeichnung eines belebten Stadtplatzes mit Turm und Reitern.
Legende: Der Bärengraben am Bärenplatz von 1513-1763 Public.Domain/Bärn isch eso

Bevor der Bärenplatz zum Bärenplatz wurde, stand dort der Stadtgraben. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt: An diesem Ort entstand der erste Berner Bärengraben.

Als Berner Soldaten 1513 mit einem Sieg aus der Schlacht von Novara (Italien) heimkehrten, brachten sie als Kriegsbeute einen lebendigen Bären mit. Im Stadtgraben wurde für ihn ein Häuschen errichtet – die Geburtsstunde des ersten Bärengrabens, der später noch viermal umgezogen ist und seit 1856 in der Altstadt bei der Nydeggbrücke steht.

Für die Umgestaltung der Plätze rechnet die Stadt Bern nun mit 36.7 Millionen Franken. Darüber wird das Stimmvolk voraussichtlich im Mai 2025 entscheiden. Das neue Postkarten-Sujet der Stadt Bern wäre somit frühestens 2027 bereit.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 15.10.2024, 17:30 Uhr ; 

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