Gambarogno am Lago Maggiore im Tessin ist eine der vielen Schweizer Gemeinden, die zurzeit mit der Umsetzung des Volkswillens zur Eindämmung der Zersiedelung kämpfen. «Jetzt kommen die Besitzer des Baulands zu uns und verlangen eine Entschädigung», sagt Gemeindepräsident Tiziano Ponti.
Fast 10'000 Franken pro Einwohner
Sie fordern von der Gemeinde Geld, weil ihr Land, das nach der Gesetzesrevision nicht mehr Bauland ist, viel weniger Wert hat. Rechnet der Gemeindepräsident die bisherigen Entschädigungsforderungen aller Kläger zusammen, kommt er auf einen Betrag von rund 50 Millionen Franken.
50 Millionen Franken – das ist ein schrecklich hoher Betrag für eine Gemeinde wie Gambarogno.
Das sei ein «schrecklich hoher Betrag für eine Gemeinde wie Gambarogno». Die Ortschaft hat rund 5200 Einwohnerinnen und Einwohner, die geforderten Entschädigungen machen also fast 10'000 Franken pro Einwohner aus. «Das macht mir grosse Sorgen», so Ponti. Jetzt hofft er auf Geld aus dem dafür bereitgestellten Entschädigungsfonds des Kantons.
Ganz aus der Welt räumen kann dieser Fonds seine Sorgen aber nicht. Ponti befürchtet, dass seine Gemeinde finanziell zur Kasse gebeten wird, weil der Fonds nicht ausreicht, um alle Entschädigungsforderungen und Gerichtskosten im Tessin zu begleichen.
Viele Gemeinden haben die gleiche Sorge
Pontis Ängste würden von vielen Gemeindeverantwortlichen in der Schweiz geteilt, sagt der Direktor des Schweizerischen Gemeindeverbandes, Christoph Niederberger.
Das Beispiel des Kantons Luzern, wo mehr als 20 Gemeinden mit dem besagten Problem zu kämpfen haben, zeige aber, dass man sich organisieren könne: «Beispielsweise kann man die Kosten über einen Fonds abfedern, damit die Gemeinden nicht zu stark belastet werden.»
Gemeinden müssen bezahlen
Klar, die betroffenen Gemeinden hätten – etwas zynisch gesagt – vor Jahrzehnten halt weniger Land einzonen sollen, so Niederberger. «Aber es ist schon so: Die heutige Generation muss für die Fehler der vorherigen Generation bezahlen.»
Die heutige Generation muss für Fehler der vorherigen Generation bezahlen.
Denn auch wenn die Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Gemeinden noch so gut ist: Ganz ungeschoren kommen die betroffenen Gemeinden nicht davon. Und weil alles rechtens sei, gebe es für sie eigentlich keinen Grund, sich ungerecht behandelt zu fühlen, so Niederberger.
Fest steht: Das vom Stimmvolk so gewollte revidierte Raumplanungsgesetz wird die Schweizer Gemeinden und auch die Schweizer Gerichte noch viele Jahre beschäftigen.