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Besucherandrang Kampf dem Massentourismus: Wie viel ist zu viel?

Appenzell will den Tourismus begrenzen. Auch andere Regionen wollen Regulierungen: ein schwieriges Unterfangen.

Appenzell Innerrhoden hat genug. Genug von den Touristenströmen, die zum Seealpsee oder zum Bergrestaurant Äscher pilgern. Die Regierung hat deshalb eine Strategie entwickelt und will dem Massentourismus Grenzen setzen.

Doch inwiefern ist eine Regulierung des Tourismus überhaupt möglich? Das komme auf die Umgebung an, sagt Jürg Stettler, Leiter des Instituts für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern.

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Archiv: Appenzeller Tourismusstrategie gegen den Massentourismus
aus Regionaljournal Ostschweiz vom 26.03.2023. Bild: Keystone / Gian Ehrenzeller
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«Tourismus kann man da steuern, wo man den Zugang begrenzen kann», sagt er. Bei natürlichen Attraktionen wie Landschaften gestalte sich das aber sehr schwierig. «Beim Eiffelturm in Paris kann man unten ein Drehkreuz installieren und Eintritt verlangen und den Zustrom so steuern, aber bei vielen anderen Orten ist das nicht möglich.»

Mit Hotels gegen Tagestouristen

In Appenzell Innerrhoden will man den Zustrom etwa mit neuen Hotels lenken. So sollen mehr Übernachtungsgäste und weniger Tagesgäste angelockt werden. Zusätzliche Hotels können zu mehr Übernachtungsgästen führen.

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Archiv: Massentourismus – was tun?
aus Treffpunkt vom 12.10.2022. Bild: Keystone
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Es könne aber auch sein, dass der Plan nicht aufgehe, sagt der Tourismusexperte. «Nur, weil es mehr Hotels gibt, bedeutet das nicht, dass weniger Tagesgäste kommen. Es kann auch dazu führen, dass die Gesamtzahl der Touristen zunimmt.»

Auch Caumasee reguliert Besucherandrang

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Der Caumasee ist ein beliebtes Ausflugsziel im Bündnerland. Der See ist vor allem für seine türkise Farbe bekannt. Aufgrund des hohen Besucheraufkommens wurde aber eine Limite eingeführt: Pro Tag sollen nicht mehr als 1700 Personen den See besuchen dürfen. Eine gute Sache, findet Jürg Stettler. Wichtig sei aber, dass man früh genug informiere, wenn die Kapazitäten erreicht seien. Und dass man für Einheimische Ausnahmen macht.

Besucherströme zu lenken, wenn sie bereits da sind, sei überdies schwierig, so Stettler. Denn eigentlich müsste man 20 oder 30 Jahre früher ansetzen, bei der Raumplanung. Wo will man touristische Entwicklungen? Wie können wir die Infrastruktur gewährleisten, welche Attraktionen bieten wir den Besuchenden an? Diese Fragen müsse man sich früh stellen. «Die Bergbahn aufs Jungfraujoch etwa wurde früh gebaut. Dementsprechend gibt es heute viele Kapazitäten, um Besuchende auf den Berg zu befördern», sagt Stettler.

Durch Instagramability kann ein Ort schnell ein Problem bekommen.
Autor: Jürg Stettler Institutsleiter Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern

Doch auch die sorgfältigste Strategie und Planung kann von einem Faktor torpediert werden: Social Media. «Durch Instagramability kann ein Ort schnell ein Problem bekommen», erklärt der Tourismusexperte. Heisst: Ist ein Ort oder eine Attraktion besonders ästhetisch und somit gut für Instagram geeignet, wollen natürlich besonders viele Leute diesen Ort sehen.

Von diesem Effekt betroffen waren auch der erwähnte Seealpsee und das Bergrestaurant Äscher. In diesem Fall helfe nur, besonders agil und schnell zu handeln, sagt Stettler. «Man muss vorausdenken. Hab ich Parkmöglichkeiten? Kann ich hier regulieren, etwa mit Parkgebühren? Und man sollte die Besucher auch frühzeitig informieren, wenn diese Kapazitäten erreicht sind.»

Wie viel Tourismus ist zu viel?

Doch wie viel Tourismus erträgt eine Region? Wann ist es zu viel? Tourismusexperte Stettler nennt zwei Ansätze: «Einerseits gibt die Natur die Grenzen vor. Andererseits auch die gesellschaftliche Wahrnehmung. In Luzern etwa ist das ausgeprägt.»

Die Einwohner hätten angefangen, sich an den vielen Touristengruppen aus Fernost zu stören. Dann wurden Initiativen und politische Vorstösse lanciert. «Die Grenze des Ertragbaren ist für jeden an einem anderen Ort.» Grundsätzlich könne man aber sagen: Je mehr man vom Tourismus abhängig ist und davon profitiert, desto höher ist die Akzeptanz.»

Schweizer Tourismus-Hotspots und ihre Ansätze

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Kapellbrücke, Löwendenkmal, Pilatus: Die Stadt Luzern ist ein Tourismus-Hotspot. Über zwei Millionen Übernachtungen gibt es jährlich im ganzen Kanton. Seit der Corona-Pandemie etwas weniger. Und doch: Zu viel Tourismus, fanden die Luzernerinnen und Luzerner und lancierten verschiedene Initiativen zur Regulierung. Erst kürzlich hat die Stadtbevölkerung einer Initiative zugestimmt, die Airbnb-Wohnungen begrenzt.

In einer Bevölkerungsbefragung und bei Gesprächen mit Branchenvertretern wollte die Stadt bei ihren Bürgern den Puls fühlen in Sachen Tourismus. Resultat: Mehr Kongresse, weniger Masse. So darf etwa Luzern Tourismus mit städtischen Geldern keine Werbung mehr in Fernmärkten schalten.

In der Region St. Gallen präsentierte der Verein St. Gallen-Bodensee Tourismus letzten Sommer die «Strategie 2027». Gestärkt werden soll der Tourismus in den Bereichen Messen, Kongresse, Veranstaltungen, Kultur, sowie Gesundheit, Bewegung und Genuss.

Keine Anpassungen planen hingegen das Berner Oberland und das Wallis. Sie halten an ihren langjährigen Strategien fest, wie die Verantwortlichen erklären.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 27.03.2023, 17:30 Uhr

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