Booster-Impfung - Schweiz wartet mit dritter Corona-Impfung weiterhin ab
In Deutschland wird seit dieser Woche eine Auffrischungsimpfung für über 70-Jährige empfohlen. In der Schweiz stehen Zulassung und Datengrundlage noch aus. Doch müssten nicht gerade die älteren Menschen vor der kalten Jahreszeit besser geschützt werden?
Eines vorweg: Eine dritte Impfung für alle wird es vorerst nicht geben. Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Impfkommission, sagte jüngst: «Gesunde geimpfte Erwachsene im arbeitsfähigen Alter brauchen in nächster Zeit keine Auffrischungsimpfung.»
Weiter geht die Genfer Impfspezialistin Claire-Anne Siegrist auf RTS. Die aktuellen Daten zeigten ihr, dass für diese Altersgruppe Impfschutz und körpereigene Abwehr ausreichen würden. Sie gehe aber davon aus, dass eine dritte Impfung für Gefährdete und Ältere Sinn ergebe, um die Abwehr zu stärken.
Booster für besonders Gefährdete bereits möglich
Für Menschen mit geschwächtem Immunsystem ist eine solche dritte Impfung bereits seit Sommer möglich, etwa für Krebs-Betroffene oder Menschen nach einer Transplantation. Eine von ihnen ist die 61-jährige Renata, immunsupprimiert nach einer Herztransplantation. Ihr Kardiologe habe sie darauf hingewiesen, «dass immunsupprimierte Personen Impfungen nicht sehr gut annehmen, in dem Sinne, dass wir keine Antikörper entwickeln».
Ein halbes Jahr nach ihrer zweiten Impfdosis fand der Test keine Antikörper. Um sich besser vor dem Coronavirus zu schützen, habe sie sich ein drittes Mal impfen lassen, sagt die 61-Jährige. Müsste das nicht auch für die ältere Bevölkerung so gehandhabt werden? Die Infektionen dürften mit der kalten Jahreszeit wieder ansteigen.
Kantonsärzten genügt Datengrundlage nicht
Trotzdem wollen weder der Verband der Alters- und Pflegeheime noch Pro Senectute Druck machen. Die Vizepräsidentin der Kantonsärzte, die Bernerin Linda Nartey, hält ein Auffrischen der Covid-Impfung ohne ausreichende Datengrundlage nicht für sinnvoll, wie sie auf Anfrage schreibt.
Diese Ansicht teilt Raphael Ben Nescher, der den Corona-Sonderstab im Kanton Bern leitet: «In anderen Ländern hat der gesellschaftliche Druck dazu geführt, dass man bereits mit Booster-Impfungen angefangen hat. Es gibt aber bis jetzt noch keine wissenschaftliche Evidenz, dass bereits für eine Auffrischungsimpfung eine Notwendigkeit besteht.» Dieser Nachweis fehlt und auch genaue Daten dazu, bei wem der Impfschutz wann nachlässt.
Zudem fehlt das Okay für eine Auffrischungsimpfung von Swissmedic. Ist die Zulassung gegeben und die Datengrundlage geklärt, steht einer neuen Impfempfehlung nichts im mehr Weg. Impfspezialist Christoph Berger umschrieb sie jüngst so: «Diese wird dann beschreiben, welche Personengruppe – zum Beispiel die über 80-Jährigen – wann nach der zweiten Impfung eine Auffrischungsimpfung bekommen sollen.»
Das Verfahren bei Swissmedic läuft – die Impfherstellerinnen Pfizer/Biontech und Moderna haben ihre Anträge Mitte September gestellt. Zum wiederholten Mal in der Pandemie müssen Politik und Verantwortliche Entscheide fällen. Das tun sie entweder nach «Prinzip Vorsicht» für eine Auffrischungsimpfung oder nach «Prinzip Abwarten», bis die Datenlage eindeutig ist. Bei der Auffrischungsimpfung heisst es klar: abwarten.
Dritte Impfung: So ist die Lage in anderen Ländern
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Deutschland:
Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine Covid-19-Auffrischimpfung für Menschen über 70 Jahren. Die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff sollte frühestens ein halbes Jahr nach Abschluss der Grundimmunisierung erfolgen. Eine dritte Booster-Dosis sollen zudem Bewohner von Pflegeheimen, Pflegepersonal und andere Menschen mit Kontakt zu Risikopatienten erhalten.
Österreich:
Das Nationale Impfgremium empfiehlt eine dritte Impfdosis für Personen, die mit den Vakzinen Pfizer/Biontech, Moderna oder Astra-Zeneca geimpft sind. Dritte Impfungen finden in Österreich seit September statt und werden mit dem mRNA-Vakzin von Moderna oder Pfizer/Biontech verabreicht.
Italien
hat am 20. September mit dem Verabreichen von dritten Impfungen begonnen. Zunächst haben nur Patienten mit Immunsuppression eine dritte Impfung erhalten. Seit Ende September können alle über 80-Jährigen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen eine dritte Impfung erhalten. Verimpft werden die mRNA-Vakzine von Pfizer/Biontech und Moderna.
Frankreich:
Die oberste Gesundheitsbehörde hat am 6. Oktober eine Auffrischimpfung für das Pflegepersonal empfohlen. Im September hatte Frankreich Booster-Impfungen bereits für Menschen in Altersheimen, mit Vorerkrankung und über 65 Jahren freigegeben. Die Gesundheitsbehörde empfiehlt zudem, erwachsene Menschen im Umfeld von Immungeschwächten mit einer dritten Dosis zu versorgen.
USA:
Die Arzneimittelbehörde FDA hat Auffrischungsimpfungen mit dem Mittel von Pfizer/Biontech für über 65-Jährige, Risikogruppen und Bewohner von Pflegeheimen zugelassen. US-Präsident Joe Biden hat dringend dazu aufgerufen, das Angebot zu nutzen.
Israel
hat als erstes Land weltweit Ende Juli mit einer dritten Impfung begonnen. Bisher haben rund 39 Prozent der Israelis eine Auffrischungsimpfung erhalten. Die Behörden haben die dritte Dosis des Impfstoffs von Pfizer/Biontech auch bereits für jüngere Menschen ab 30 Jahren zugelassen.
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