Zum Inhalt springen

Bundesamt für Polizei Fedpol-Direktorin: Was reizt Sie am Bösen, Frau Wildi-Cortés?

Die Schweiz wird zum Magneten für organisierte Kriminalität. Jetzt müsse entschieden gehandelt werden, warnt Eva Wildi-Cortés, neue Direktorin des Bundesamts für Polizei. Wie will sie vorgehen und was reizt sie an den kriminellen Schattenseiten der Schweiz?

Eva Wildi-Cortés

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Seit dem 1. Februar 2025 steht die Volkswirtschafterin und Politologin Eva Wildi-Cortés an der Spitze des Bundesamts für Polizei (Fedpol). Die 49-Jährige arbeitet seit 20 Jahren im Fedpol. 2016 wurde sie zur stellvertretenden Direktorin ernannt. Wildi-Cortés ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie trat die Nachfolge der langjährigen Direktorin Nicoletta della Valle an.

SRF News: Wieso ist die Schweiz so attraktiv für Kriminelle?

Eva Wildi-Cortés: Die Schweiz liegt im Herzen Europas, ist politisch stabil und verfügt über starke Finanzmärkte. All das macht unser Land nicht nur für Bürgerinnen und Bürger attraktiv, sondern leider auch für Kriminelle. Sie schätzen genau das, was auch wir an der Schweiz schätzen.

Wie dramatisch ist die Lage?

Die Bedrohung ist ernst. Es ist zwingend nötig, jetzt hinzuschauen, Massnahmen zu ergreifen und sich strategisch auszurichten. Immer mehr kriminelle Organisationen haben sich hier bereits niedergelassen, sie erwirtschaften und waschen Geld in der Schweiz.

Die Zahl der Verdachtsmeldungen bei der Meldestelle für Geldwäscherei hat sich in zwei Jahren verdoppelt. Wo wird das Geld gewaschen?

Geldwäsche findet dort statt, wo Bargeld eingezahlt werden kann – zum Beispiel in kleinen Läden wie Pizzerien, Nagelstudios, Bubble-Tea-Shops oder Barbershops. Auch das Baugewerbe ist anfällig.

Frau.
Legende: Seit dem 1. Februar 2025 steht die Volkswirtschafterin und Politologin Eva Wildi-Cortés an der Spitze des Bundesamts für Polizei (Fedpol). Keystone / Alessandro della Valle

Kriminelle müssen ihr illegal erwirtschaftetes Geld in den regulären Geldkreislauf einspeisen und nutzen dazu solche Bargeldbranchen.

Wie kann man im Alltag Anzeichen für organisierte Kriminalität erkennen?

Wenn man etwa in einem Laden keine Quittung bekommt, kann das ein Hinweis sein. Es lohnt sich, mit offenen Augen durch den Alltag zu gehen, Fragen zu stellen, genauer hinzuschauen – etwa wenn eine Pizzeria nie Kundschaft hat. Solche Beobachtungen können auf kriminelle Aktivitäten hindeuten.

Justizminister Beat Jans hat Sie damit beauftragt, bis Ende Jahr eine nationale Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu erarbeiten. Was soll sich damit konkret ändern?

Zuerst geht es darum, ein gemeinsames Verständnis davon zu schaffen, was organisierte Kriminalität ist.

Mit zusätzlichen Ressourcen könnten wir schneller und effektiver vorgehen.

Wir können diese Strukturen nur wirksam bekämpfen, wenn alle Sicherheitsbehörden – also Bund, Kantone und Gemeinden – strategisch zusammenarbeiten und gemeinsame Schwerpunkte setzen.

Beim Fedpol wird seit Jahren ein Personalmangel beklagt. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ja. In der Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus und Cyberkriminalität brauchen wir mehr Ermittlerinnen und Ermittler. Mit zusätzlichen Ressourcen könnten wir schneller und effektiver vorgehen.

Die Kantone befürchten, dass Sie ihnen Personal abziehen.

Wir fischen alle im gleichen Teich nach qualifizierten Ermittlern, das ist uns bewusst.

Mich reizt nicht das Böse. Mich reizt die Bewahrung des Guten.

Eine mögliche Lösung wäre, dass sich der Bund an der Grundausbildung von Polizistinnen und Polizisten beteiligt. Das würde allen zugutekommen.

Sie arbeiten seit 20 Jahren beim Bundesamt für Polizei. Was reizt Sie am Bösen?

Mich reizt nicht das Böse. Mich reizt die Bewahrung des Guten. Ich sehe die Bedeutung der inneren Sicherheit, unseres Rechtsstaats und unserer direkten Demokratie. Dieses Leben hier gilt es zu schützen.

Das Gespräch führte David Karasek.

Tagesgespräch, 4.6.2025, 13:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel