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Bundesgerichts-Entscheid WWF erhält Beschwerderecht bei Pflanzenschutzmitteln

  • Umweltorganisationen erhalten ein Beschwerderecht bei der Zulassung und Überprüfung von Pestiziden.
  • Das hat das Bundesgericht entschieden.
  • Das Bundesamt für Landwirtschaft befürchtet, dass sich die Zulassungsverfahren künftig verlängern könnten.

Pflanzenschutzmittel müssen ähnlich wie Medikamente vom Bund zugelassen und überprüft werden. Doch wie diese Überprüfungen bislang durchgeführt wurden, ärgerte die Umweltorganisationen. Sie seien jeweils unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Umweltorganisationen erfolgt, sagt Daniela Hoffmann, Landwirtschaftsexpertin beim WWF. «Es war eine Art Geheimverfahren.»

Quinoclamine ist für Bienen besonders giftig.
Autor: Daniela Hoffmann Landwirtschaftsexpertin beim WWF

2015 entdeckte der WWF auf der Internetseite des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) einen Vermerk, dass der Wirkstoff Quinoclamine überprüft werden soll. «Der Stoff ist besonders toxisch für Bienen», so Hoffmann. Das sei ein Problem, weil Bienen – wie auch andere bestäubende Insekten – für das Überleben des Menschen besonders wichtig seien.

Wildbiene auf einem Blatt.
Legende: Pflanzenschutzmittel können Bienen beeinträchtigen. Deshalb will der WWF bei Neu-Zulassungen und -Beurteilungen mitreden. Imago

Die Umweltorganisation meldete deshalb beim BLW an, dass sie am Verfahren beteiligt werden wolle. Das Bundesamt lehnte das mit der Begründung ab, dass es bei Verfahren ohne räumlichen Bezug kein Verbandsbeschwerderecht gebe.

So könnten Umweltverbände ihre Sicht laut BLW etwa dann einbringen, wenn beispielsweise das Versprühen eines Mittels per Helikopter geprüft werde. Zudem dauerten die Überprüfungsverfahren jetzt schon eineinhalb Jahre; wenn auch noch Umweltverbände beteiligt würden, verzögere sich die ganze Sache viel zu sehr.

BLW-Begründung widerspricht dem Gesetz

Das Bundesgericht sieht das anders. Einen räumlichen Bezug zu verlangen, widerspreche dem Sinn des Gesetzes, argumentieren die Lausanner Richter.

Denn wenn ein Pflanzenschutzmittel erst einmal zugelassen sei, dann könne es von den Käufern ohne weitere Bewilligung überall in der Schweiz eingesetzt werden. Und die Wirkung der Mittel auf die Artenvielfalt, die Landschaft und das Wasser liessen sich nicht räumlich begrenzen. Deshalb muss das BWL seine Praxis jetzt ändern.

Tragweite des Entscheids noch unklar

Laut BWL-Sprecher Jürg Jordi lassen sich die Konsequenzen des Entscheids des höchsten Schweizer Gerichts derzeit nicht abschätzen: «Wir müssen zuerst abklären, welche Änderungen beim Zulassungsverfahren nötig sind.» Dieses sei sowieso schon recht kompliziert.

Klar ist, dass der Entscheid des Bundesgerichts nicht nur für diesen einen Wirkstoff gilt. Die vom Bund anerkannten Verbände dürfen künftig bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln als Anwälte für die Interessen der Umwelt kämpfen.

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