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«Für Betroffene ist die Apotheke eine Alternative»: Lorenz Schmid, Präsident des kantonalen Apothekerverbandes im Interview
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 10.05.2021. Bild: SRF
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Corona-Impfung Apotheker: «Ein Ansturm, der fast nicht zu bewältigen ist»

Lorenz Schmid, oberster Zürcher Apotheker, impft auch Personen ohne Termin. Er fordert ein niederschwelliges Angebot.

Schweizer Apotheken rüsten sich für Corona-Impfungen: In Kantonen wie Bern, Solothurn oder Wallis laufen Angebote derzeit an, bis Ende Mai sollen mehr und mehr Apotheken dazustossen. Der bisherige «Trödelkanton» Zürich ist derweil vorgeprescht: Seit letzter Woche impfen sechzig Apotheken. Der oberste Zürcher Apotheker Lorenz Schmid spricht von einem grossen Andrang. Auch Personen ohne Termine wie Obdachlose melden sich.

Lorenz Schmid

Lorenz Schmid

Präsident Apothekerverband Kanton Zürich

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Lorenz Schmid leitet seit 2008 den kantonalen Apothekerverband. Der 56-Jährige ist selbst Inhaber einer Apotheke in der Stadt Zürich. Zuvor hat er sowohl in der Schweiz, als auch in den USA studiert und in Frankreich geforscht. Seit 2007 sitzt Schmid für die heutige Mitte-Partei im Zürcher Kantonsrat.

SRF News: Seit kurzem ist das Impfen in Zürcher Apotheken möglich. War der Ansturm gross?

Natürlich gibt es einen grossen Ansturm, der fast nicht zu bewältigen ist. Alle zwei Minuten klingelt das Telefon. Wir haben das Angebot letzten Mittwoch kommuniziert und fahren unsere Kapazitäten langsam hoch. Derzeit haben 114 von insgesamt 160 Impf-Apotheken Impfstoff erhalten. Die restlichen erhalten den Impfstoff gegen Ende Mai.

Was können die Apotheken in der momentanen Situation leisten? Gibt es beispielsweise Listen für Personen wie Verkäuferinnen, die nicht einfach aus dem Home-Office einen Termin buchen können?

Wir können unsere Termine über das kantonale Tool bereitstellen. So können wir auch weniger Termine freigeben, als wir wirklich anbieten können. Wir setzen gezielt Personen aus dem Umfeld der Apotheke auf eine Liste und können Restimpfungen durchführen.

Die Apotheke ist ein sehr niederschwelliger und naher Ort.

Auch Obdachlose sprechen wir auf eine solche Impfung an, wenn sie unsere Apotheke aufsuchen. Sie schildern beispielsweise, sie hätten kein Computer oder kein Telefon. Gerade kürzlich kam eine 83-jährige Person ohne Hausarzt zu uns und fragte nach einer Impfung. Hier leisten wir unseren Anteil.

Eine obdachlose Person
Legende: Menschen ohne Zuhause können sich Ende Mai in der Stadt Zürich in Anlaufstellen impfen lassen. Keystone

Man könnte also ohne Termin in die Apotheke gehen und würde ein individuelles Angebot erhalten?

Nicht gerade sofort. Aber ich bitte die Personen, ihre Adresse mit einer Telefonnummer zu hinterlassen. So können wir sie kontaktieren. Bei Personen ohne Telefonnummer verhält es sich etwas schwieriger. Wir bitten sie, ein paar Stunden in der Apotheke zu warten und schauen, ob eine Impfung möglich ist. Randständige Personen haben häufig etwas Zeit. Diese Leistung müssen wir erbringen. Die Apotheke ist ein sehr niederschwelliger und naher Ort, gerade auch beim Zutritt. Für Betroffene ist dies eine Alternative.

Sie handeln bei Randständigen oder Sans-Papiers eigenständig. Bräuchte es hier ein offizielles Angebot für die tausenden Betroffenen in der Stadt Zürich?

Ja, es braucht ein offizielles, niederschwelliges Angebot. Wir wissen, dass sozioökonomische Faktoren sehr entscheidend sind, wie Menschen überhaupt mit der Covid-Krise umgehen können. Solche Personen am Rand der Gesellschaft sind stärker von Corona betroffen als die gut ausgebildete Bevölkerung.

Extra-Impfungen für Obdachlose und Sans-Papiers?

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Die Stadt Zürich plant in Absprache mit dem Kanton, ab Ende Mai Obdachlose und Sans-Papiers separat zu impfen. «Wir gehen davon aus, dass Betroffene ein Impfzentrum nicht besuchen würden», sagt Zürichs Stadtarzt Daniel Schröpfer auf Anfrage. Deshalb sollen in zwei bekannten Anlaufstellen Impfungen für Obdachlose und Sans-Papiers stattfinden. Voraussetzung dafür ist laut Kanton, dass genügend Impfstoff vorhanden ist. Auch Personen aus anderen Gemeinden können sich bei den Anlaufstellen melden. Wie der Anmelde- und Abrechnungsprozess stattfindet, ist derzeit noch offen.

Wie die Stadt Zürich am Montag mitgeteilt hat, will sie den Sans-Papiers zudem den Zugang zu einer Art «Sozialhilfe» ermöglichen. Derzeit sind sie davon ausgeschlossen. Gerade während der Pandemie hat dies laut Stadt dazu geführt, dass Betroffene stundenlang für Gratis-Essen anstehen. Für die Finanzhilfe spannt die Stadt Zürich mit verschiedenen Organisationen zusammen. Das Projekt startet in wenigen Monaten und ist auf anderthalb Jahre befristet. Bewilligt sind für diese Zeit zwei Millionen Franken.

Somit braucht es sicherlich ein Angebot, wie es die Stadt Zürich derzeit aufbaut. Auch wir Apotheken nehmen aber unsere Rolle wahr und wir integrieren zumindest Betroffene, welche sich in unserem Umfeld melden.

Das Gespräch führte Fanny Kerstein.

SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 10.05.2021, 06.32 Uhr;

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