In der Schweiz stecken sich aktuell wieder viele Menschen mit Corona an. Nun reagiert die oberste Kantonsärztin der Schweiz: Barbara Grützmacher empfiehlt Menschen ab 65 Jahren sowie Personen mit chronischen Krankheiten eine erneute Impfung.
SRF News: Momentan liegen viele krank im Bett. Was sind aktuell die häufigsten Krankheitserreger?
Barbara Grützmacher: Aktuell sind viele Viren unterwegs. Am häufigsten leiden die Patientinnen und Patienten an Coronaviren, gefolgt von Rhinoviren. Die Grippeerkrankungen steigen auch an, die Welle ist noch nicht auf dem Höhepunkt. Wer sich gegen die Grippe impfen lassen will, müsste es jetzt tun. Wir beobachten auch vermehrt Infektionen mit dem RS-Virus. Dieser führt zu Atemwegsinfektionen und kann besonders für kleine Kinder gefährlich sein. Diese Gleichzeitigkeit von Corona- und anderen Viren werden wir jetzt jeden Winter erleben: Corona ist von der pandemischen Phase in die endemische Phase übergegangen.
Wir hoffen, dass wir im Laufe des Winters keine Variante haben werden, die zu mehr schweren Verläufen führt.
Das Coronavirus hat in den letzten Wochen wieder zu mehr Erkrankten geführt. In Spitälern herrscht teilweise erneut Maskenpflicht. Kommt eine neue Coronawelle auf uns zu?
Das kann ich so nicht sagen. Es gibt immer neue Virusvarianten und Untervarianten, die kommen und verschiedene Namen tragen. Letztendlich ist es nicht relevant, welchen Namen die aktuelle Variante trägt, sondern bloss, ob sie zu mehr klinisch gravierenden Verläufen führt. Aktuell ist dies nicht der Fall. Wir beobachten die Lage genau und hoffen, dass wir im Laufe des Winters keine Variante haben werden, die zu mehr schweren Verläufen führt.
Es stecken sich zwar viele Menschen mit Corona an, aber es führt selten zu schweren Verläufen?
Für besonders gefährdete Personen stimmt das nur bedingt: Hier sehen wir, dass sie aktuell häufiger ins Spital gehen. Bis jetzt können die Spitäler gut damit umgehen, sie sind noch nicht überlastet. Aber man muss die Situation auch hier weiter beobachten.
Sterben in den Spitälern wieder Menschen nach einer Corona-Infektion?
Ja, es sterben in den Spitälern wieder Menschen mit einer Corona-Infektion. Aber zum Glück nicht viele. Bei diesen besonders gefährdeten Personen sind die Impfungen darum so wichtig.
Die Eidgenössische Impfkommission empfiehlt für Risikogruppen den Booster. Alle über 65-Jährigen und Menschen mit Risikofaktoren sollen sich erneut impfen lassen?
Für die Risikogruppen gilt aktuell die Empfehlung, sich impfen zu lassen. Sie sind mit dem Virus, der momentan zirkuliert, stärker gefährdet, einen schweren Verlauf zu erleiden.
Sind zu wenige in der Risikogruppe geimpft?
Ja.
Das Coronavirus ist noch da
Was ist der Grund?
Ich glaube, dass es mehrere Gründe gibt. Viele Leute haben Corona satt. Aktuell wirkt eine Ansteckung auch nicht bedrohlich, nur wenige müssen ins Spital. Dazu kommt, dass in manchen Kantonen die Hausärzte nur die Grippeimpfung machen, nicht aber die Coronaimpfung. Sie schicken die Patientinnen und Patienten dafür in die Apotheke. Das ist umständlich. Ich glaube, man müsste die Hürde möglichst tief halten.
Wenn sich generell vor Ende Jahr viele Leute impfen lassen, dann hätte das auf jeden Fall einen Mehrwert.
Was fordern Sie als neue oberste Kantonsärztin?
Ich hätte gerne, dass sich mehr Leute impfen lassen. Und, wenn mehr Hausärztinnen und Hausärzte impfen würden, und auch die Apotheken weiterhin die Impfung anbieten, dann würde das helfen. Wenn sich generell vor Ende Jahr viele Leute impfen lassen, dann hätte das auf jeden Fall einen Mehrwert.
Das Gespräch führte David Karasek.