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Covid-19-Impfung Verursacht Pfizer/Biontech weniger Nebenwirkungen als Moderna?

Viele wollen lieber mit Pfizer/Biontech geimpft werden, weil sie von weniger Nebenwirkungen gehört haben. Auch die offizielle Statistik lässt darauf schliessen, dass auf Moderna mehr reagiert wird. Doch stimmt die Vermutung? Fragen und Antworten.

Woher weiss man, welche Nebenwirkungen Covid-19-Vakzine haben? Das nationale Pharmacovigilance Zentrum der Heilmittelbehörde Swissmedic nimmt Meldungen über Nebenwirkungen von Arzneimitteln entgegen. Dabei arbeitet es mit dem internationalen Zentrum für Arzneimittelsicherheit der WHO zusammen. Dies ist wichtig, um Zugang zur internationalen Datenbank zu erhalten, in der weltweit Nebenwirkungen auf Arzneimittel gesammelt werden.

Zweiwöchentliche Updates der Zahlen

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Alle zwei Wochen gibt Swissmedic die Verdachtsmeldungen unerwünschter Wirkungen der beiden Covid-19-Impfungen in einem Bulletin auf der Homepage bekannt – die aktuellen Zahlen stammen vom 18. Juni. Bis dann wurden rund 7800 gemeldet, rund 2950 Meldungen wurden ausgewertet, davon waren knapp 65 Prozent als nicht schwerwiegend klassifizierte Meldungen. Die Anzahl geimpfter Personen (mind. 1 Dosis) betrug zu diesem Zeitpunkt gut 3.76 Millionen.

Swissmedic beobachtet auch, dass es wegen den Covid-19-Vakzinen so viele Meldungen gibt wie noch nie. Dies erkläre sich einerseits damit, dass noch nie so viele Menschen so schnell geimpft worden seien – aber auch mit der grossen öffentlichen Aufmerksamkeit. Es sei durchaus denkbar, dass gerade von Privatpersonen auch falsche Meldungen eingingen. Swissmedic würde die Meldungen dann mit verfügbaren Informationen aus den Spitälern (Impfort, Zeitpunkt etc.) abgleichen. Und man profitiere nun von der langjährigen Erfahrung in der Auswertung von Meldungen zu Nebenwirkungen anderer Arzneimittel und Impfstoffe.

Warum ist das Erfassen in der Datenbank wichtig? Durch die konsequente Weiterleitung dieser Informationen können bisher unerkannte Risiken aufgedeckt werden. Denn erst nach der Markteinführung eines Arzneimittels können die Wirkungen auf eine grössere Gruppe als die in der Studie beobachtet werden.

Was wird gemeldet? Gemäss Schweizer Heilmittelgesetz müssen schwerwiegende, bisher unbekannte sowie weitere medizinisch wichtige unerwünschte Wirkungen gemeldet werden. Es reicht, wenn nur schon der Verdacht besteht, dass das Medikament einen Zusammenhang mit einer Wirkung hat. Ausserdem wird jede Meldung individuell angeschaut und bei Bedarf abgeklärt. Dies kann bei einem Todesfall sogar die Anordnung einer Autopsie sein.

Was sind «schwerwiegende» Nebenwirkungen?

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Die Klassierung der Nebenwirkungen ist international definiert, wie Alex Josty von Swissmedic erklärt. Zu den als schwerwiegend klassierten Ereignissen gehören zum Beispiel Hospitalisationen, bleibende Behinderungen oder Todesfälle. Patienten melden bei Swissmedic Ereignisse, die sie selber als schwerwiegend ansehen (auch zum Beispiel hohes Fieber, Schmerzen oder starke Übelkeit). Nicht schwerwiegend sind in der Regel zum Beispiel bekannte, häufige Nebenwirkungen wie Reaktionen an der Einstichstelle (Schmerzen, Rötungen und Schwellungen), aber auch Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeine Symptome wie Schüttelfrost, Fiebergefühl oder leichtes Fieber.

Wer meldet die Nebenwirkungen? Gesetzlich dazu verpflichtet sind Ärztinnen und Apotheker. Die meisten Meldungen (aktuell rund 83 Prozent) kommen von diesen Fachpersonen. Patientinnen und Patienten dürfen freiwillig Meldung machen, per Formular oder beim Arzt. Bisher sind knapp 500 Meldungen von Privaten eingegangen, mehr als zwei Drittel von Frauen. Swissmedic erklärt dies damit, dass – vor allem zu Beginn der Impfkampagne – wegen der Alterspyramide mehr Frauen geimpft wurden. Ausserdem weisen Studien darauf hin, dass Frauen eine geringere Hemmschwelle haben, einen Arzt aufzusuchen und Nebenwirkungen zu melden.

Allerdings geht man bei Swissmedic auch davon aus, dass nicht alle Nebenwirkungen gemeldet werden. «Es gibt eine Dunkelziffer», sagt Mediensprecher Alex Josty. «Vermutlich ist sie eher höher als tiefer.»

Das passiert dann? Das Pharmacovigilance Team aus medizinischen Fachpersonen überprüft, ob die täglich einige Dutzend Meldungen vollständig sind, ergänzt sie, wenn nötig, nach Rückfrage bei Patientin und Ärztin, und ordnet sie nach Impfstoff und Schweregrad der Reaktion. Es überprüft sie nach neuen Risiken und vergleicht sie mit Meldungen im Ausland. Jede Meldung wird in die Statistik der WHO eingespeist.

Gibt es bei Pfizer/Biontech wirklich weniger Nebenwirkungen? Sieht man sich die neuesten Zahlen an, so werden für Moderna zahlenmässig mehr Nebenwirkungen gemeldet. Auch wird bei Moderna von mehr schwerwiegenden Fällen berichtet. Fakt sei aber, dass in den klinischen Studien beide Impfstoffe ungefähr gleich viele Nebenwirkungen haben, erklärt der Swissmedic-Sprecher. Dass man mehr von Moderna-Nebenwirkungen höre, liege wohl auch daran, dass mehr Moderna-Vakzine verimpft werden. Die Anzahl Meldungen je Impfstoff entsprächen ungefähr der verimpften Menge in der Schweiz.

Mehr Kopfschmerzen mit Pfizer, «Covid-Arm» durch Moderna

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Für beide in der Schweiz zugelassenen mRNA-Vakzine werden laut Swissmedic ähnliche Symptome gemeldet, dies sind vorab: Kopfschmerzen, Fieber, Muskelschmerzen, Schüttelfrost, Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit. Für Pfizer wird allerdings häufiger von Kopfschmerzen berichtet, für Moderna häufiger von Schmerzen an der Einstichstelle und dem sogenannten «Covid-Arm».

Und schliesslich würden Nebenwirkungen von Person zu Person anders empfunden. Swissmedic sei aber dankbar für jede einzelne Meldung. «Sie hilft uns, zu lernen und neue Erkenntnisse über Nebenwirkungen bei Impfungen zu erhalten.»

SRF 4 News, 25.06.2021

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