«Es ist damit nicht erledigt», warnte der damalige Finanzminister Ueli Maurer vor vier Jahren die Räte. Diese hatten gerade einen Antrag des Bundesrates abgelehnt, Rechtsanwälte und Notarinnen, die sich mit der Gründung und Strukturierung von Unternehmen beschäftigen, dem Geldwäschereigesetz zu unterstellen.
Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, mahnte Maurer. Der Bundesrat werde bald eine neue Vorlage unterbreiten müssen.
Bundesrat: Druck aus dem Ausland
Am Dienstagmorgen im Ständerat war es so weit. Finanzministerin ist inzwischen Karin Keller-Sutter. Die Mahnungen sind die gleichen geblieben. Ausser der Schweiz hätten sämtliche europäischen Staaten Anwältinnen und Notare der Geldwäschereiregulierung unterstellt, stellte die Bundespräsidentin fest: «Erfüllen wir diese Standards nicht, kommt das Ganze zurück wie ein Bumerang.»
Demnächst werde wieder eine sogenannte internationale «Länderprüfung» der Schweiz zur Geldwäscherei stattfinden, gab der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch zu bedenken. «Wenn wir keine Änderungen vornehmen, wird uns die ganze Geschichte auf die Füsse fallen.»
Viele Ausnahmen
In dieser Situation hat sich die Rechtskommission des Ständerats zu einem unüblichen Vorgehen entschieden. Abweichend vom normalen Kommissionsprozedere hat sie die betroffenen Anwälte und Notarinnen zu einem «runden Tisch» eingeladen.
Mit ihrer Hilfe hat die Kommission dann eine Vorlage gezimmert, die erheblich von derjenigen des Bundesrates abweicht. Das sei, findet der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga, ein «milde ausgedrückt, überraschendes Vorgehen».
Die Mehrheit der Rechtskommission will die Anwältinnen und Notare zwar den Geldwäscherei-Sorgfaltspflichten unterstellen, hat aber gleichzeitig so viele Ausnahmen definiert, dass kaum jemand betroffen sein dürfte.
Der Bundesrat zieht es vor, das Netz planlos in das weite Gewässer auszuwerfen, anstatt die Fische dort zu sammeln, wo sie tätig sind.
So sollen die Geldwäschereibestimmungen nicht für Grundstückübertragungen gelten, wenn diese weniger als fünf Millionen Franken wert sind. Der Kommentar dazu von Bundespräsidentin Keller-Sutter: «Der Schwellenwert von fünf Millionen bei Immobilientransaktionen schliesst faktisch fast alle Transaktionen aus.» Konkret würden 99 Prozent aller Grundstückübertragungen nicht vom Geldwäschereigesetz erfasst.
Solch weitgehende Ausnahmen seien gerechtfertigt, verteidigte sich der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder, selber Anwalt und Notar. Schon jetzt werde die Meldestelle für Geldwäscherei mit Meldungen überflutet.
Mit der Vorlage des Bundesrates kämen noch einmal Tausende hinzu, flächendeckend über die ganze Schweiz. Der Gesetzesentwurf sei ein «administrativer Moloch», ein «Etikettenschwindel» und «ausufernd», fand Rieder: «Der Bundesrat zieht es vor, das Netz planlos in das weite Gewässer auszuwerfen, anstatt die Fische dort zu sammeln, wo sie tätig sind.»
Fortsetzung folgt
Der Ständerat hat die bis auf die Fischgräten abgespeckte Vorlage seiner Rechtskommission mit 34 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung mit überwältigender Mehrheit angenommen. Was Finanzministerin Karin Keller-Sutter zur Feststellung verleitet hat: «Dieser Schritt dürfte unzureichend sein. Dann sehen wir uns halt in diesem Geschäft wieder.»
Und das dürfte den Ratsmitgliedern, die schon vor vier Jahren bei der Debatte mit Finanzminister Ueli Maurer dabei waren, irgendwie bekannt vorgekommen sein.