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Der Showdown im Rückblick Rösti und Baume-Schneider in den Bundesrat gewählt

Freudentag in Bern und im Jura: Albert Rösti und Elisabeth Baume-Schneider sitzen künftig in der Landesregierung. Das war die Wahl.

Die Schweiz hat zwei neue Bundesräte: Um 10:25 Uhr war es vollbracht. Nach den Abgängen der langjährigen Bundesräte Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga ist die Nachfolgeregelung geklärt. Kronfavorit Albert Rösti setzte sich erwartungsgemäss durch. Der ehemalige SVP-Präsident sichert dem Kanton Bern weiter einen Sitz im Bundesrat. Eine kleine Sensation gab es beim SP-Frauenticket: Mit Elisabeth Baume-Schneider ist der Kanton Jura erstmals im Bundesrat vertreten.

Die neu gewählten Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) und Albert Rösti (SVP-BE) freuen sich zusammen.
Legende: Die neu gewählten Bundesräte Elisabeth Baume-Schneider (SP/JU) und Albert Rösti (SVP/BE) freuen sich zusammen nach der Ersatzwahl in den Bundesrat. KEYSTONE/Marcel Bieri

Wahlkrimi um Sommaruga-Nachfolge: Mit 123 Stimmen wurde Baume-Schneider im dritten Wahlgang in den Bundesrat gewählt. Die einer breiteren Öffentlichkeit bislang wenig bekannte Ständerätin setzte sich gegen ihre favorisierte Basler Ratskollegin Eva Herzog durch.

Im ersten Wahlgang hatte der beachtliche Zuspruch für SP-Ständerat Daniel Jositsch das Bundeshausgebälk zum Knarren gebracht: Er holte 58 Stimmen. Im zweiten Wahlgang verpuffte die Proteststimmung am reinen Frauenticket, die mutmasslich aus dem bürgerlichen Lager kam und die Stimmen verteilten sich auf Herzog und Baume-Schneider.

Baume-Schneider «charmant und ehrlich»: Die erste Bundesrätin aus dem Jura sprach sichtlich ergriffen und etwas improvisiert zur Vereinigten Bundesversammlung: Offensichtlich hatte auch sie selbst ihre Wahlchancen eher nüchtern eingeschätzt. Umso mehr freute sie sich. Und sagte, sie sei zwar charmant: «Aber ich kann auch hart und ehrlich arbeiten.» Ihr politisches Credo werde sie auch als Bundesrätin begleiten: «Die Stärke eines Volkes bemisst sich am Wohl der Schwachen.»

Kronfavorit Rösti im ersten Wahlgang durch: Weniger spannend nahm sich das Rennen um den freiwerdenden SVP-Sitz von Ueli Maurer aus. Polit-Schwergericht Albert Rösti verlässt den Nationalrat und zieht in die Landesregierung ein. Das Rennen gegen den Zürcher Rechtsprofessor Hans-Ueli Vogt wurde bereits im ersten Wahlgang entschieden, in dem Rösti mit 131 Stimmen gewählt wurde. Herausforderer Vogt versammelte 98 Stimmen auf sich.

«Bundesrat Rösti» mit launiger Rede: Mit breitem Berner-Rumantsch nahm Rösti die Wahl an und netzte sich zwischendurch die Kehle mit Wasser. «Ein bisschen nervös ist man ja», so der frischgewählte Bundesrat. Rösti bedankte sich bei Parteifreunden, Wegbegleitern und seiner «allerliebsten Therese»: «Sie kennt mich am besten – und liebt mich trotzdem noch», beendete Rösti seine Rede, in der er sich zu einer lösungsorientierten Amtsführung bekannte – mit Rücksicht auf die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz.

Gerührte Sommaruga verlässt Bundesrat: Im Fokus standen auch die beiden Bundesräte, die die Landesregierung verlassen. Am 2. November hatte Simonetta Sommaruga ihren Rücktritt verkündet, nachdem ihr Mann einen Schlaganfall erlitten hatte. Sommaruga richtete sich an Ueli Maurer, der am gleichen Tag wie sie den Bundesrat verlässt: «Lieber Ueli, ich hätte nicht gedacht, dass wir beide einmal gleichzeitig zurücktreten. Denn unterschiedlicher kann man politisch kaum sein.» Man habe gestritten, aber auch gemeinsam gekämpft – auch das mache die Schweiz aus.

Die Konkordanz bedinge, dass man nicht die Einzige sei, die Hand biete, so die Berner Sozialdemokratin. «Wer in diesem Land etwas bewegen will, muss anpacken. Das habe ich gemacht – auch wenn ich nicht immer einfach war», sagte Sommaruga. Und schloss: «Es war mir eine Freude und Ehre, dem Land zu dienen.»

Ueli Maurer tritt mit einem Jauchzer ab: Bereits am 30. September hatte der Zürcher SVP-Bundesrat Ueli Maurer seinen Rückzug aus der Landesregierung angekündigt. «Manchmal tönt das fast wie eine Abdankung, obwohl ich mich riesig auf die Zeit danach freue», scherzte der 72-Jährige bei seiner Abschiedsrede. Ihm sei als Finanzminister der Ruf vorausgeeilt, ein Rappenspalter zu sein. «Doch ich bin stolz darauf. Denn es gibt nichts Einfacheres als das Geld anderer auszugeben.»

Die Wahl der Bundesräte 120 und 121 sei auch ein Leistungsausweis für die moderne Schweiz und ihre Stabilität, schloss Maurer. «Das erinnert uns daran, wie einzigartig wir sind.» Der SVP-Politiker verabschiedete sich auf Französisch – eine Seltenheit während seiner Bundesratskarriere. Die Standing Ovations im Ratssaal quittierte er mit einem Jauchzer.

SRF 4 News, 07.12.2022, 9 Uhr

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