«Kein Bundesrat – und ich schon gar nicht – will einfach Wölfe abschiessen. Wir haben doch nichts gegen Wölfe», erklärte Umweltminister Albert Rösti Anfang November. Aber: Wenn Wölfe eine Gefahr darstellten, sei es die Pflicht der Behörden, einzugreifen.
Und eingegriffen wird nun tatsächlich: Ab 1. Dezember können Wölfe präventiv erlegt werden – also noch bevor sie Schaden anrichten. Im Wallis sollen sieben der dreizehn Wolfsrudel geschossen werden . Graubünden will vier der zwölf Wolfsrudel im Kanton «entfernen».
Doch wer darf überhaupt Wölfe jagen? Laut SRF-Regionalkorrespondent Matthias Baumer muss man dafür im Wallis gewisse Voraussetzungen erfüllen: ein gültiger Jagdschein, man muss für die Fuchs- und Wildschweinjagd eingeschrieben sein und die Jagdausbildung absolviert haben. Dazu kommen juristische Kriterien: Gegen die Wolfsjägerin oder den Wolfsjäger darf kein Strafverfahren laufen, zudem muss sie oder er legal im Besitz einer Waffe sein.
Gedämpfte Erwartungen
So weit das Anforderungsprofil auf dem Papier. Doch wie jagt man ganze Wolfsrudel? Der Präsident des kantonalen Walliser Jägerverbands warnt vor falschen Erwartungen an die Wolfsregulierung: «Es wird uns niemals gelingen, diesen Winter über zwei Drittel der Walliser Wölfe zu entfernen», so Pascal Vuignier gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Bis dieses Ziel erreicht sei, werde es fünf bis zehn Jahre dauern. «Die Politik schürt da zum Teil falsche Hoffnungen.» Vuignier rechnet damit, dass diesen Winter «vielleicht» zehn bis 15 Wölfe geschossen werden. «Wir werden nächsten Sommer wieder gleich viele Wölfe haben wie jetzt.»
Die Wolfsjagd sei nicht einfach, weil die Tiere ein riesiges Territorium bewohnten. «Es wird sehr schwierig sein, sie zu finden. Wölfe sind sehr intelligent und diskret.» Im Gegensatz zur Gamsjagd sei die Wolfsjagd zudem sehr statisch. «Einen Wolf zu schiessen, bedeutet, im Winter nachts bei minus 15 Grad auszuharren, sein Handy nicht einzuschalten und keinen Lärm machen zu dürfen.»
Ein schwieriges Unterfangen
Auch im Kanton Graubünden betritt man mit der Wolfsjagd ungewohntes Gebiet. «Man hat hier schlichtweg keine Erfahrungswerte», sagt Marc Melcher, Graubünden-Korrespondent von SRF. Melcher ist selber Jäger und auch für ihn sind viele Fragen offen, wie die «Regulierung der Wolfsrudel» konkret ablaufen wird.
Zwar seien bislang immer mal wieder einzelne Jungtiere im Kanton Graubünden geschossen werden. «Ein ganzes Rudel zu schiessen, dürfte aber eine Herausforderung werden.» Es werde sicher Jagdglück brauchen, so Melcher weiter. «Ein Jäger könnte am richtigen Ort stehen oder sitzen und die Wölfe kommen per Zufall am richtigen Ort vorbei.»
Wildhüter im Vorteil
Auf mehr als blosses Glück können die Wildhüter hoffen. Denn sie kennen die Rudel, ihr Verhalten und ihr Territorium. Der Bündner Wildhüter Arno Puorger dämpft die Erwartungen aber ebenfalls: Die Idee, dass man mit einer einzigen Aktion ein ganzes Rudel «entnehmen» könne, sei mehr Theorie als Praxis.
Denn Rudel teilen sich oft auf und streifen durch verschiedene Gebiete: «Die Wölfe müssen ihr Territorium verteidigen, und das ist effektiver, wenn sich die einzelnen Tiere des Rudels geografisch aufteilen.» Fest steht also: Ab 1. Dezember geht’s dem Wolf an den Pelz. Wie erfolgreich die Jagd verlaufen wird, ist aber mehr als unklar.