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Diskussion um Getränkedepots Wie sinnvoll ist die Einführung eines Flaschenpfands?

Manche Getränkedosen und -flaschen landen im Abfall oder im öffentlichen Raum. Trotzdem hat es ein Depot schwer.

In Skandinavien und Deutschland ist das Depotsystem für Getränkebehältnisse seit Jahrzehnten etabliert, Österreich will ab 2025 ein entsprechendes System auf Alu-Dosen sowie Plastik- und PET-Flaschen einführen. Man zahlt also einen Aufpreis von ein paar Rappen auf Flaschen und Dosen. Den Betrag erhält man zurück, wenn man das Behältnis zurückbringt.

20 Prozent des Abfalls könnten recycelt werden

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Glas, Karton, Alu oder Papier: Die Schweizerinnen und Schweizer recyceln fleissig – in den letzten zehn Jahren sogar noch mehr als zuvor. Das zeigt die neuste Abfallanalyse des Bundesamts für Umwelt. Trotzdem besteht immer noch rund ein Fünftel des Hauskehrichts aus Materialien, die eigentlich recycelt werden könnten.

In der Schweiz taucht die Forderung nach einem Depotsystem zwar immer wieder auf, doch der Widerstand ist gross. So spricht sich etwa der Dachverband Swiss Recycling gegen eine Depotpflicht auf Getränkeverpackungen aus. «Auch ohne Depot haben wir in der Schweiz seit Jahren eine sehr grosse Rücklaufquote, deshalb brauchen wir kein Pfand», sagt Geschäftsführer Patrik Geisselhardt.

Viele Sammelstellen könnten wegfallen

Auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) kommt zum Schluss, dass das Depot auf Getränkeflaschen und Dosen keinen Nutzen bringen würde. Das heutige System völlig umzukehren, wäre ein Schlag ins Gesicht der heute erfolgreichen Recyclingsysteme, sagt Michel Monteil, Abteilungsleiter Abfall und Rohstoffe beim Bafu.

Ein weiterer Nachteil sei, dass man die bis zu 60'000 Sammelstellen in den Betrieben, dem Gewerbe oder in Büros verlieren würde. «Wenn ein Depotsystem eingeführt wird, verschwinden alle diese Sammelstellen.» Dann könnten die Dosen und Flaschen nur noch im Detailhandel zurückgegeben werden, betont Monteil.

Zudem ist eine Studie an der Hochschule für Technik in Rapperswil im Jahr 2020 zum Schluss gekommen, dass das Depot auch rein ökologisch gesehen gar keinen bis kaum einen Nutzen bringen würde. Die Rücklaufquote in der Schweiz sei ohnehin schon hoch. Sie könne auch mit einem Depotsystem nicht gesteigert werden.

Und doch gibt es Argumente für ein Depot

Trotzdem gibt es auch Stimmen, die in der Schweiz ein Depotsystem befürworten. So haben 2019 zahlreiche Politikerinnen und Politiker von links bis rechts eine parlamentarische Initiative mit einer entsprechenden Forderung unterschrieben. Auch die Fraktionschefin der Grünen, Aline Trede, setzt sich für die Idee ein. Gerade bei Glasflaschen sei ein Pfand sinnvoll, findet sie – damit gar kein Glas im Abfall landet.

Man muss die Leute für die Kreislaufwirtschaft sensibilisieren.
Autor: Tobias Stucki Spezialist für Kreislaufwirtschaft, Professor an der FH Bern

Einer, der sich dagegen wehrt, das Recycling in der Schweiz zu sehr zu loben und dem Depot generell eine Absage zu erteilen, ist Tobias Stucki. Er ist Professor an der Berner Fachhochschule und beschäftigt sich mit Kreislaufwirtschaft. Es gehe um mehr als nur um den ökologischen Nutzen. «Man muss die Leute für die Kreislaufwirtschaft sensibilisieren», sagt er.

Man müsse den Leuten klarmachen, dass das Material einen Wert habe und man diesen Wert erhalten soll. Recycling brauche auch viel Energie. Da sei es durchaus erstrebenswert, Materialien zu reinigen und direkt wiederzuverwenden, betont Stucki.

Inwiefern ein Depotsystem bei gewissen Materialien auch in der Schweiz Sinn ergibt, lässt sich derzeit also kaum abschliessend beantworten.

Echo der Zeit, 21.11.2023, 18:00 Uhr

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