In Freiburg ist das Ankommen entspannt. Natürlich hat auch Freiburg eine Drogenszene. Aber die Anlaufstelle für Suchtkranke ist zehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt, etwas versteckt und abseits von Menschenmassen. Nicht wie in Genf und Lausanne, wo die Drogenszene direkt beim Bahnhof beginnt. Mit Drogenabhängigen, die Passanten um Geld bitten, und Händlern, die Tag und Nacht auf Kundschaft warten.
Vor der Freiburger Anlaufstelle sitzen Leute an Partytischen. Sie reden über Gott und die Welt und hören Musik. In der Gassenküche gleich nebenan wird das Mittagessen vorbereitet. «Le Tremplin», das Sprungbrett, heisst die Institution. Sie ist in einem einzigen grossen Gebäude untergebracht.
Alles unter einem Dach
Die Grösse ist entscheidend. «Le Tremplin» vereint nämlich alles Wichtige an einem Ort. Stadträtin Mirjam Ballmer zählt auf: «Hier hat es ein Lokal für den sicheren Drogenkonsum, Büros der Sozialhilfe, Arbeitsateliers, eine Gassenküche und auch eine Fachstelle für begleitetes Wohnen.»
Das zeigt: Hier bekommen die Drogenabhängigen von allen Seiten Hilfe. Sozialarbeiterinnen und Drogenfachleute suchen Tür an Tür und Fall für Fall nach Lösungen. Das erleichtert Suchtkranken den Schritt zurück ins Berufs- und Gesellschaftsleben.
Was Freiburg aufgebaut hat, sollten auch andere Städte mit ähnlicher Grösse tun.
Was im «Tremplin»-Alltag konkret passiert, beschreibt Direktor Yan Desarzens so: Jemand könne am Morgen im «Tremplin» ankommen, bekomme einen Kaffee offeriert. Man erkläre ihm dabei, dass er oder sie eine kleine Arbeit verrichten könne, um sich ein warmes, gesundes Mittagessen zu verdienen. Dann sei es auch möglich, eine Sozialarbeiterin zu besuchen.
Man könne zwar kein Geld organisieren, aber helfen, Rechnungen zu begleichen und ein Budget zu erstellen, so Desarzens. Und wer Drogen konsumieren wolle, den schicke man nicht auf die Strasse, sondern ins eigene Konsumlokal. Für jede Stadt sei eine Institution wie das «Tremplin» extrem wichtig, betont Stadträtin Mirjam Ballmer.
«Was Freiburg aufgebaut hat, sollten auch andere Städte mit ähnlicher Grösse tun», findet Frank Zobel, Vizedirektor der Stiftung Sucht Schweiz. Hier bekomme man nicht nur eine umfassende Hilfe, sondern die Fachleute vom «Tremplin» tauschten sich auch regelmässig mit der Polizei aus, was ebenfalls wichtig sei.
Lob vom Bund
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) lobte das Freiburger Modell bei einer Tagung jüngst als Vorbild für die ganze Schweiz. In der Suchtarbeit sei die «Zusammenarbeit zwischen den involvierten Akteuren und allen, die an diesen Schnittstellen mitwirken, sehr wichtig. Je besser Massnahmen miteinander verzahnt seien, desto besser wirkten sie.»
Die Menschen, die im «Tremplin» zusammenkommen, haben kein einfaches Leben. Aber ohne «Tremplin» wäre es noch schwieriger. Es sei ein wenig versteckt, aber man esse gut hier und die Leute würden sehr viel helfen, sagt ein Mann.
Und sein Kollege wird regelrecht euphorisch. Er habe viele solche Institutionen kennengelernt, aber keine wie diese. Hier esse man gut, werde gut behandelt, bekomme stets Hilfe für alles, selbst wenn einem irgendwelche Papiere fehlten. Die Beispiele zeigen: Die Leute sind dem «Tremplin» dankbar. Ohne die Anlaufstelle würden viele auf der Strasse leben, wie in Lausanne oder Genf.