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Ende des Rahmenabkommens Der Bundesrat steht vor einem Neuanfang mit der EU

  • Der Bundesrat hat am Mittwoch die Verhandlungen mit der EU zum Institutionellen Rahmenabkommen (InstA) abgebrochen.
  • Die bilaterale Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU solle weiter geführt werden, betont Aussenminister Ignazio Cassis.
  • Der Bund muss nun die Möglichkeit von eigenständigen Anpassungen im nationalen Recht prüfen, um die bilateralen Beziehungen zu stabilisieren.
  • Die EU-Kommission nahm mit Bedauern den Abbruch der Verhandlungen zur Kenntnis. Sie will die Folgen dieses Schrittes sorgfältig analysieren.

Zwischen der Schweiz und der EU bestünden in zentralen Bereichen des Abkommens – bei Unionsbürgerrichtlinie (UBRL), Lohnschutz und staatlichen Beihilfen – weiterhin substantielle Differenzen. «Die Bedingungen für einen Abschluss sind deshalb nicht gegeben», teilt der Bundesrat mit. Er habe entschieden, es nicht zu unterzeichnen.

Der Abbruch sei jedoch keine Krise, sondern ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU, sagte Bundespräsident Guy Parmelin vor den Medien.

Es ist das Ende eines Weges, aber nicht das Ende des bilateralen Weges.
Autor: Ignazio Cassis Aussenminister

Staatssekretärin Livia Leu habe den Entscheid des Bundesrats am Mittwoch persönlich bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorbeibringen wollen, sagte Parmelin. Die Mitteilung sei nun schriftlich erfolgt, «da von der Leyen sehr beschäftigt sei.»

Bund will regelmässigen Austausch

Im Brief betonte der Bundesrat die lange gemeinsame Geschichte. Die EU und die Schweiz würden fundamentale gemeinsame Werte teilen. Nun solle es regelmässige Gespräche «auf hohem politischen Niveau» geben.

In den Bereichen Gesundheit oder Strom hoffe die Schweiz auf eine Fortsetzung der guten Zusammenarbeit. Schliesslich bekräftigte der Bundesrat in dem Brief seinen Willen, die guten bilateralen Beziehen und pflegen und zu vertiefen. Offenbar bestehen in diesen zwei Bereichen die grössten Unsicherheiten.

Mögliche negative Folgen abfedern

Das Justizdepartement von Karin Keller-Sutter wurde beauftragt, zu prüfen, wie das bilaterale Verhältnis «mit möglichen autonomen Anpassungen im nationalen Recht stabilisiert werden könnte.» Eine rechtliche Angleichung sei sinnvoll und im gegenseitigen Interesse, sagte Keller-Sutter. Dieser Prozess soll autonom und unter Einbezug der Sozialpartner und der Kantone erfolgen.

So reagieren Sozialpartner, Parteien und Kantone

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Von Bedauern, Sorge und Enttäuschung, aber auch Freude waren die Reaktionen in der Schweiz geprägt. SP, FDP, Grüne und Grünliberale sind enttäuscht über den Ausgang der Verhandlungen. Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse äusserte Bedauern. Nun liege es am Bundesrat, den bilateralen Weg zu stabilisieren und den Schaden zu minimieren.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) begrüsste den Entschied, der einen eigenständigen Lohnschutz gewährleiste. Der Preis eines Verhandlungsabschlusses über dieses Rahmenabkommen wäre für die Arbeitnehmenden in der Schweiz zu hoch gewesen, hiess es. Ausdrücklich begrüsst wurde der Abbruch der Verhandlungen auch von der SVP.

Für die Kantone bleiben stabile Beziehungen mit der EU von grösster Bedeutung. Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) will sich deshalb mit Nachdruck dafür einsetzen, dass an den bestehenden bilateralen Verträgen festgehalten wird.

Mit der einseitigen Anpassung des Schweizer Rechts an die EU-Bestimmungen will die Schweiz in politisch unumstrittenen Bereichen der EU entgegenkommen.

Ausserdem will sich der Bundesrat beim Parlament dafür einsetzen, die versprochene Kohäsionsmilliarde von 1.3 Milliarden frei zu geben. Definitiv entscheiden über den Kohäsionsbeitrag kann nur das Parlament.

Brüssel zeigt sich enttäuscht

Der Rahmenvertrag hätte die Grundlage für eine Verbesserung und Weiterentwicklung der künftigen bilateralen Beziehungen Schweiz-EU sein sollen, teilte die EU-Kommission mit.

Hauptzweck wäre gewesen, für alle im EU-Binnenmarkt gleiche Bedingungen herzustellen. «Das ist eine grundsätzliche Frage der Fairness und der Rechtssicherheit», hiess es. Privilegierter Zugang zum Binnenmarkt wie ihn die Schweiz habe, setze voraus, «dass alle die gleichen Regeln und Pflichten respektieren».

Nun müsse sich die Schweiz aber im Klaren sein, dass ohne dieses Rahmenabkommen diese Modernisierung der laufenden Beziehungen unmöglich sei und die bestehenden bilateralen Abkommen zwangsläufig veralten würden.

Aufgrund des Entscheids des Bundesrates wurde am Mittwoch um 18 Uhr kurzfristig ein Treffen der EU-Botschafter einberufen.

Einschätzungen des SRF-EU-Korrespondenten Michael Rauchenstein

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SRF-EU-Korrespondenten Michael Rauchenstein
Legende: SRF/Oscar Alessio

«Die Tür der EU-Kommission war für die Schweiz bis heute Morgen offen. In Brüssel hat man nach wie vor gehofft, dass man sich bei den strittigen Punkten des Rahmenabkommens noch finden kann. Denn, ein erfolgreicher Abschluss des Abkommen wäre ganz im Sinne der Europäischen Union gewesen. In Brüssel herrscht nun grosses Unverständnis über die Entscheidung des Bundesrates, die Verhandlungen nach sieben Jahren abzubrechen.

Es ist davon auszugehen, dass die Tür der EU-Kommission nun vorerst für eine möglichen Plan B des Bundesrates zu sein wird. Für die EU-Kommission gibt es keinen Plan B. Das Rahmenabkommen hätte die bilateralen Beziehungen auf ein solides rechtliches Fundament gesetzt und den privilegierten Zugang zum EU-Binnenmarkt gesichert. Solange die Schweiz die sogenannten Spielregeln des Europäischen Binnenmarktes aber nicht akzeptieren möchte, solange wird die EU-Kommission nicht für weitere Gespräche bereit sein.»

Tagesschau, 26.05.2021, 19:30 Uhr ; 

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