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Energie-Mantelerlass Restwassermengen bei Wasserkraftwerken: Das will der Nationalrat

Der Nationalrat will Restwasservorschriften zugunsten der Energieziele sistieren. Was bedeutet das konkret?

Was ist passiert? Um den weiteren Ausbau der Wasserkraft zu ermöglichen, hat der Nationalrat im Rahmen des Energie-Mantelerlasses entschieden, die Restwasservorschriften von Wasserkraftwerken zu sistieren. Das bedeutet, dass Kraftwerkbetreiber für die Stromproduktion künftig weniger Wasser ungenutzt abfliessen lassen müssen. Das könnte Konsequenzen für den Lebensraum von Fischen und anderen Lebewesen haben. Damit habe der Nationalrat das Referendum der Umweltschützer riskiert, argumentierten Ratslinke während der Debatte am Montag.

Restwasser kurz erklärt

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Das ist jenes vorgeschriebene Minimum an Wasser, das unterhalb von Stauseen oder Wasserfassungen in die natürlichen Gewässer fliessen muss, damit Fische und andere Wasser-Lebewesen sowie die Pflanzen erhalten bleiben.

Was würde sich konkret ändern? Die Restwasservorschriften bei Neukonzessionierungen von Wasserkraftwerken werden sistiert – also vorläufig ausser Kraft gesetzt. Dies wird so lange so bleiben, bis die vom Parlament erarbeiteten, verbindlichen Zielwerte im Energiegesetz erreicht sind – sicher bis 2035. Kommt die Vorlage im Ständerat durch, dürften neu konzessionierte Wasserkraftwerke rein theoretisch das gesamte Wasservolumen für ihre Stromproduktion verwenden. Das sagt Andri Bryner, Hydrologe und Medienverantwortlicher des Wasserforschungsinstituts Eawag. Ob andere Vorschriften ausreichen, die betroffenen Gewässerabschnitte ausreichend zu schützen, bezweifelt Bryner.

Welche Wasserkraftwerke betroffen? Betroffen von den Änderungen wären Bryner zufolge alle neu konzessionierten Wasserkraftwerke. Inbegriffen sind alle neu geplanten Wasserkraftwerke – also auch die vom Parlament zugesagten 15 Wasserkraftprojekte – sowie solche, deren auslaufende Konzession erneuert werden muss.

Was bedeutet der Entscheid des Nationalrats für die Umwelt? Laut dem Hydrologen hätte die Preisgabe der Restwasservorschriften bei Wasserorganismen schwerwiegende Folgen. Studien des Eawag zeigen: In Restwasserstrecken – also Bach- oder Flussabschnitten, in denen die gesetzlich vorgeschriebene Restwassermenge fliesst – verschwinden ein Drittel bis die Hälfte der wirbellosen Kleinlebewesen.

Wasserkraftwerk mit Stausee in den Bergen
Legende: Die Oberaarsee Staumauer auf dem Grimsel soll im Rahmen der geplanten Wasserkraftprojekte des Parlaments erhöht werden. KEYSTONE/Gaetan Bally

Speziell leiden zum Beispiel Uferspinnen: Bei ihnen wurde ein «Totaleinbruch» der Anzahl Individuen in solchen Restwasserstrecken festgestellt. Andere Untersuchungen zeigen, dass Fische in Restwasserstrecken deutlich magerer sind als ihre Artgenossen flussauf- und -abwärts. Für manche grösseren Fische reiche auch schlicht die Wassertiefe und der Platz nicht mehr aus, um durchzuschwimmen, sagt Bryner.

Welchen Einfluss hat die Sistierung der Restwasservorschriften auf die Energieversorgung? Gemäss Daten des Bundesamts für Umwelt (Bafu)  vom Juli 2019 sind 127 Wasserkraftwerke erfasst – 20 Flusskraftwerke und 107 Ausleitkraftwerke (100 Laufkraftwerke und sieben Speicherkraftwerke). Die 107 Ausleitkraftwerke produzieren mit Berücksichtigung der Restwasservorschriften 3892 Gigawattstunden (GWh) Strom pro Jahr. Ohne Restwasserauflagen würde die jährliche Stromproduktion 4210 GWh betragen – das heisst circa 7.6 Prozent mehr Strom. 

Wie geht es jetzt weiter? Am Mittwoch wird der Mantelerlass im Nationalrat weiter diskutiert. Die verbleibenden Differenzen muss der Ständerat noch abhandeln.

SRF 4 News, 14.03.2023, 06:00 Uhr

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