Die Erbschaftssteuer gefährde Familienunternehmen und vernichte Arbeitsplätze, sagen Wirtschaftsvertreter. Ihre Furcht nährt eine Studie von Price Waterhouse Coopers PWC. Anhand der Daten von 120 Firmen wird darin berechnet, dass Familienunternehmen kumuliert einen Steuersatz von mehr als 20 Prozent zahlen müssten.
Bis zu 32 Prozent Steuern?
In Tat und Wahrheit könne der Steuersatz auf bis zu 32 Prozent steigen, sagt Marcel Widrig, Autor der Studie von PWC. Seine Erklärung: Wenn der Nachlass hauptsächlich aus dem Unternehmen bestehe, könne man nicht 20 Prozent der Aktien dem Staat abliefern, man müsse die Steuer in Geld bezahlen. Um liquide zu sein, müssten Gewinne gemacht und ausgeschüttet werden. Dadurch kämen zur Erbschaftssteuer noch vier Prozent Dividendenbesteuerung hinzu.
Und ein weitsichtiger Patron wolle den Erben nicht die ganze Steuerlast auferlegen. Er sorge deshalb vor und häufe vorsorglich Geld im Unternehmen an. Dadurch steige der Wert des Unternehmens laufend – und letztlich auch die Steuer. Sie könne über die Jahre hinweg bis zu 32 Prozent betragen, so Widrig.
Erleichterungen für vererbte Unternehmen
Das sei falsch, entgegnet SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. Für Unternehmen sehe der im Initiativtext vorgeschlagene Verfassungsartikel nämlich Erleichterungen vor. Deshalb sei die Erbschaftssteuer auch kein KMU-Killer. «Die Initianten möchten, dass der Weiterbestand von Unternehmen nicht gefährdet wird», betont er. Deshalb ziele der Vorwurf der Wirtschaftsvertreter «ins Leere».
Die Initianten schlagen vor, dass Unternehmen erst ab 50 Millionen Franken erbschaftssteuerpflichtig würden und der Steuersatz nur bei fünf Prozent läge. Doch die Gegner zweifeln am echten Willen für solche Freibeträge. Die Details müsste bei einer Annahme der Volksinitiative das Parlament klären.
Die AHV braucht bald sowieso mehr Geld
In den meisten Kantonen gebe es keine Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen mehr, deshalb führe eine nationale Erbschaftssteuer in jedem Fall zu einer Mehrbelastung, sagt die erbschaftssteuerkritisiche CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. «Wir befinden uns bereits in einer schwierigen Zeit. Deshalb erträgt es jetzt nicht noch eine zusätzliche Steuer.»
SP-Nationalrat Nussbaumer hält dem entgegen, dass die AHV aufgrund der demografischen Entwicklung so oder so mehr Geld brauche. Und weil von den Einnahmen aus einer nationalen Erbschaftssteuer zwei Drittel in die AHV flössen, sinke die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitgeber im Zuge der anstehenden AHV-Reform mit höheren Arbeitgeberbeträgen zur Kasse gebeten würden.
Bei der Erbschaftssteuer treffen offensichtlich unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander. Entscheiden werden Volk und Stände am 14. Juni.