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EU schliesst SBB aus Forschungsprogramm aus
Aus Rendez-vous vom 04.05.2021. Bild: Keystone
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EU-Machtpolitik mit Forschung ETH-Ratspräsident: «Fall SBB zeigt Zukunft ohne Lösung mit EU»

Die EU verweigert die Teilnahme der SBB an einem europäischen Forschungsprojekt, wie «NZZ»-Recherchen ergaben. Denn die Schweiz ist mangels Rahmenabkommen nicht am neuen Forschungsprogramm «Horizon Europe» assoziiert. Unter einem Ausschluss der Schweiz würde die Schweiz wie auch die EU leiden, sagt der Präsident des ETH-Rats, Michael Hengartner.

Michael Hengartner

Michael Hengartner

Präsident des ETH-Rats

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Der Biochemiker und Molekularbiologe Michael Hengartner ist seit dem 1. Februar 2020 Präsident des ETH-Rats. Zuvor war er ab 2001 an der Universität Zürich tätig, wo er an die neu eingerichtete Ernst-Hadorn-Stiftungsprofessur am Institut für Molekulare Biologie berufen wurde. Von 2009 bis 2014 war er Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät. 2014 wurde er Rektor der Universität Zürich. Ab 2016 bis zu seinem Wechsel an die ETH war Hengartner auch Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen swissuniversities.

Michael Hengartner wurde 1966 in St. Gallen geboren und ist schweizerisch-kanadischer Doppelbürger. Aufgewachsen ist er in Québec City und studierte dort an der Université de Laval Biochemie. Er promovierte 1994 am Massachusetts Institute of Technology im Labor von Nobelpreisträger H. Robert Horvitz.

SRF News: Droht der Schweizer Forschungsgemeinde ein ähnliches Fiasko wie ehemals beim Erasmus-Programm?

Michael Hengartner: Dieser Fall zeigt, was in den kommenden Monaten und Jahren auf die Forschungsgemeinschaft, aber auch auf die KMU und in diesem Fall auf einen Grossbetrieb zukommt. Es wird passieren, wenn mit der EU keine Lösung zur gemeinsamen Gestaltung der Zukunft gefunden wird.

Gibt es Forschungsprojekte an der ETH, die unter diesen Umständen auf der Kippe stehen?

Die ganze Palette von «Horizon Europe» ist hier drin. Es ist das grösste Forschungsrahmen- und Innovationsförderungsprogramm der Welt. Hier wird die Schweiz entweder nicht oder nur als Drittland unter erschwerten Bedingungen mitmachen können.

Können Sie ein konkretes Beispiel machen?

Für die Forschenden ist die Unterstützung von Grundlagen- und Spitzenforschung am wichtigsten. Es ist vergleichbar mit den Olympischen Spielen der Wissenschaft. Wer einen dieser «Grants» des European Research Councel (ERC) erhält, hat bewiesen, dass er oder sie zur Elite gehört und ist fast in jeder Hochschule des Kontinents herzlich willkommen.

Was wären die Folgen für die Schweizer Forschung und Wissenschaft, wenn sie von den EU-Projekten ausgeschlossen würden?

Bei den Wettbewerben, wo man sich als Einzelperson oder KMU bewerben kann, wären wir einfach ausgeschlossen. Das ist, wie wenn man Roger Federer sagen würde, er dürfe nicht in Wimbledon spielen, weil er Schweizer sei. Bei den Verbundprojekten ist man entweder als fünftes Rad dabei, kann aber sicher nicht die Teamleitung haben. Oder man ist ganz ausgeschlossen, wie jetzt das Beispiel SBB zeigt.

Wie reagieren Sie auf die Lage? Führen Sie über die Hochschulen eigene Verhandlungen für Forschungsprojekte?

Wenn eine längere Zusammenarbeit das Ziel ist, braucht es auch finanzielle Unterstützung dafür. Das Geld muss irgendwo geholt werden. Die Schweiz hat sehr viele bilaterale Abkommen mit dem Schweizerischen Nationalfonds, wo es Unterstützung gibt. Sobald es multilateral wird, sind die Instrumente sehr begrenzt. «Horizon Europe» ist sicher das bekannteste und grösste davon.

Es geht also um Renommee und Geld?

Es geht um Geld und die Fähigkeit, dieses Geld abzuholen, die richtigen Partner zu finden und mit ihnen zu arbeiten. Das Geld allein genügt aber nicht. Das Renommee ist in der Tat sehr wichtig. Und für gewisse Projekte braucht es eben Partner und ein Instrument, das diese Zusammenarbeit erlaubt und finanziert. Das ist nicht immer der Fall.

Machen Sie sich angesichts der Entwicklungen Sorgen?

Ja, die Schweiz würde unter einem Ausschluss leiden. Die EU würde aber unter einen Ausschluss der Schweiz auch leiden. Das ist das Ironische am Ganzen, dass hier Machtpolitik gemacht wird. Forschungszusammenarbeiten sind gut für alle Seiten in Europa. Das sagen auch unsere Kolleginnen und Kollegen an den europäischen Universitäten, wenn sie von der Politik fordern, die Schweiz als wichtige und geschätzte Partnerin nicht auszuschliessen. Gemeinsam machen wir Europa wettbewerbsfähig, nicht separat.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Heute Morgen, 4.5.21, 8:00 Uhr;

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