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EU-Migrations- und Asylpakt Nationalrat ist gegen freiwillige europäische Asyl-Solidarität

  • Der Nationalrat hat sich erstmals mit dem EU-Migrations- und Asylpakt befasst und sagte im Grundsatz Ja dazu.
  • Am sogenannte Solidaritätsmechanismus soll die Schweiz jedoch nicht teilnehmen. Mit diesem will die EU die Verteilung von Asylsuchenden fairer machen.
  • Personen, die vor der Ausschaffung in einen Dublin-Staat in Haft genommen werden, erhalten aber einen amtlichen Rechtsbeistand.

Der EU-Migrations- und Asylpakt soll im Juni 2026 in Kraft treten. Ziel ist es, die illegale Einwanderung und die Sekundärmigration innerhalb des Schengen-Raums durch harmonisierte und effiziente Asylverfahren zu verringern.

Teile des Pakts stellen eine Erweiterung des Schengen-Besitzstandes dar und sind somit teilweise oder vollumfänglich für die Schweiz bindend. Würden die Änderungen im Ausländer- und Integrationsgesetz sowie im Asylgesetz nicht vorgenommen, falle die Schweiz aus dem Schengen-System, hiess es seitens der vorberatenden Kommission.

Gregor Rutz (SVP/ZH) forderte namens seiner Fraktion, nicht auf die Vorlage einzutreten oder wenigstens nur die bindenden Elemente zu übernehmen. Balthasar Glättli (Grüne/ZH) verlangte Rückweisung mit der Forderung nach einer humaneren Asylpolitik. Beides wurde abgelehnt.

Solidaritätsmechanismus abgelehnt

Nicht teilnehmen soll die Schweiz aber gemäss Nationalrat am freiwilligen Solidaritätsmechanismus. Mit diesem will die EU die Verteilung von Asylsuchenden fairer machen – und Länder mit EU-Aussengrenzen, wie etwa Italien, wo viele Asylsuchende ankommen – entlasten.

Der Bundesrat und eine Mehrheit der vorberatenden Kommission wollten, dass die Schweiz dort mitmacht – auch wenn sie nicht muss. Die Gegner meinten aber, bereits heute sei das Schweizer Asylsystem stark belastet. So wurde der Solidaritätsmechanismus im Nationalrat mit 84 zu 81 Stimmen abgelehnt. Der Entwurf scheiterte an den 20 Stimmenthaltungen der FDP.

Vehement dagegen war die SVP. Jeder Asylsuchende sei durch ein EU-Land in die Schweiz gekommen. Für das Versagen des Schengen-Systems müsse man nicht noch aufkommen, war die Meinung der SVP-Vertreter.

Rechtsbeistand vor Ausschaffung

Personen in Haft vor der Ausschaffung in einen Dublin-Staat hat der Nationalrat einen amtlichen Rechtsbeistand zur Seite gestellt. Der Bundesrat hatte das zunächst nicht gewollt, lenkte aber ein.

Links-grüne Minderheitsanträge lehnte der Rat ab. So wollte etwa die Ratslinke die mögliche Haftdauer vor einer Wegweisung an einen Dublin-Staat von fünf auf drei Wochen verkürzen. Ebenso wollte sie längere Fristen für Einsprachen.

Eine Anhörung durch einen Richter sei ebenfalls überflüssig, denn die Grundrechte seien durch das schriftliche Verfahren gewahrt und ein Antrag auf Haftentlassung jederzeit möglich, befand der Nationalrat weiter. Ziel des EU-Pakts und der Rechtsanpassungen in der Schweiz sei schliesslich die Beschleunigung der Verfahren.

Auch lehnte der Rat das Einfügen einer konkreten Fluchtabsicht zur Verhängung einer Haft vor einer Wegweisung im Dublin-Verfahren ab. Hier genügten die bereits aufgeführten Haftgründe, sagte Justizminister Beat Jans.

Einem amtlichen Rechtsbeistand bei der Haftverhängung oder -verlängerung stimmte der Nationalrat entgegen einem Antrag der SVP hingegen mit 99 zu 97 Stimmen zu. Die SVP hatte eingewendet, das verlängere und verteuere das Verfahren, das eigentlich nur der Feststellung des zuständigen Dublin-Staats diene.

Jetzt befindet der Ständerat über den EU-Migrations- und Asylpakt.

Echo der Zeit, 19.6.2025, 18 Uhr ; 

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