Zum Inhalt springen

Header

Video
Musikerin Simone Keller: «Die Behörden haben gut, aber zu spät gehandelt»
Aus News-Clip vom 01.09.2021.
abspielen. Laufzeit 30 Sekunden.
Inhalt

Evakuierung aus Kabul Hat die Schweiz nur nach Vorschrift gerettet?

«Wer es in Kabul bis in den Flughafen geschafft hatte, wurde in aller Regel mitgenommen», sagt die Präsidentin von Asylex, Lea Hungerbühler. Amerikanische, kanadische oder deutsche Militärs seien grosszügig gewesen, im Wissen, wie gefährlich eine Ausweisung aus dem Flughafen für die Betroffenen gewesen sei.

Video
Lea Hungerbühler, Präsidentin Asylex: «Wir bekommen täglich unzählige Nachrichten von verzweifelten Menschen aus Afghanistan.»
Aus News-Clip vom 01.09.2021.
abspielen. Laufzeit 21 Sekunden.

Recherchen der «Rundschau» zeigen, dass die Schweiz da offenbar nicht die gleiche Politik verfolgt hat. Die Weisungen des Staatsekretariats für Migration (SEM), sind strikt und sie werden durchgesetzt. Bei Erwachsenen gibt es keine Ausnahmen. So wird ein junger Afghane am Gate in Kabul vorschriftsgemäss abgewiesen. Der Mann ist der Neffe einer Frau, die gerettet wird, verfügt aber selbst über kein Visum. Schweizer Soldaten schaffen ihn aus dem Flughafen.

«Ich stehe voll hinter den Entscheidungen», sagt Hans-Peter Lenz, Leiter des Krisenmanagementzentrums im Aussendepartement (EDA). «Der Mann konnte sich nicht ausweisen. Wir wussten nicht, wie alt er genau ist.» Eine Evakuierung sei somit auch aus Sicherheitsgründen keine Option gewesen. Die Tante des Betroffenen widerspricht: Ihr Neffe habe sich mit seinem Pass ausgewiesen. Ohnehin hätte er wohl schlechte Chancen gehabt: Ausnahmen für Volljährige gewährt die Schweiz nicht. Seine Leute seien unter enormen Druck gestanden. Die Weisungen des SEM hätten Orientierung gegeben, sagt Lenz: «Man kann nicht allen helfen.»

Der Fall des jungen Pianisten

Ähnlich der Fall eines jungen Musikers. Für den hochbegabten Afghanen setzen sich in der Schweiz mehrere Musiker ein. Die Pianistin Simone Keller versucht seit Monaten, das Kind aus Kabul in die Schweiz zu holen. Sie hat für den Buben einen Studienplatz, eine Gastfamilie und in Rekordzeit die Einwilligung des kantonalen Migrationsamts organisiert. Sie will den Buben retten, weil die Taliban schon Musiker getötet haben. Der Junge sei an Regierungsanlässen aufgetreten, sein Name deshalb den Taliban bekannt, sagt Keller.

Noch als Kabul schon eingenommen war, zeigte sich das SEM strikt. SEM-Direktor Mario Gattiker persönlich schreibt Simone Keller: «Die Ausreise ist derzeit unmöglich, weil keine Vertretung der Schweiz präsent ist, um die Visa bzw Laissez-Passer auszustellen.» Das ist am 25. August.

Video
Hans-Peter Lenz, EDA: «Unsere Leute haben klar nach Weisungen gehandelt.»
Aus News-Clip vom 01.09.2021.
abspielen. Laufzeit 12 Sekunden.

Am 27. August erklärt die Schweizer Regierung die Rettungsaktion in Kabul für erfolgreich beendet. Zugleich schickt das SEM dem Jungen doch noch ein digitales Laissez-Passer.

Keine Schweizer Infrastruktur vor Ort

Gegenüber der «Rundschau» hält das SEM schriftlich fest: «Sowohl das EDA als auch das SEM haben alles, was unter den gegebenen Umständen möglich war, unternommen, um dem Jungen die Ausreise aus Afghanistan und die Einreise in die Schweiz zu ermöglichen.»

Weiter hält das SEM folgende Punkte fest: Es habe keine Schweizer Infrastruktur mehr vor Ort gegeben, der Weg zum Flughafen sei extrem gefährlich gewesen – und die Behörden hätten rasch und professionell an einer Lösung gearbeitet.

Tatsächlich bemüht sich der Schweizer Krisenstab auf diplomatischem Weg, trotz Ende der Schweizer Evakuierungsflüge, eine Rettungsaktion einzuleiten. Erfolglos.

«Das war zu spät»

Simone Keller sagt, immer wieder habe man dem Kind gesagt, es solle zu Hause bleiben. Die Familie bekomme einen Anruf und werde dann abgeholt. «Vier Tage lang hat die Familie auf den Anruf gewartet, der nicht gekommen ist. Jetzt muss sich der Bub erstmal verstecken.»

Keller sagt, nach anfänglicher Ablehnung habe sich das SEM seit letztem Freitag intensiv um eine Rettung bemüht. «Aber man muss auch sagen: Das war zu spät.» Keller sucht nun nach neuen Wegen.

Beim Bund will man die Hoffnung noch nicht aufgeben. Das EDA suche weiterhin intensiv nach einer Möglichkeit, den Jungen zu retten.

«Rundschau»

Box aufklappen Box zuklappen
«Rundschau»

Mehr zum Thema in der «Rundschau» um 20.05 Uhr auf SRF 1.

SRF Rundschau, 01.09.2021, 20:05 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel