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«The Hobbit» gibt es bald auch auf Romanisch
Aus Regionaljournal Graubünden vom 05.04.2024. Bild: ZVG
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Fantasy-Bestseller The Hobbit auf Romanisch: «Ab 500 verkauften Büchern ein Erfolg»

Tolkien-Fans aufgepasst: «The Hobbit» gibt es bald auf Romanisch. Ein kleiner Verlag hat den Bestseller übersetzt.

Das Werk «The Hobbit» von J.R.R. Tolkien wurde weltweit über 100 Millionen Mal verkauft und in über 60 Sprachen übersetzt. Nun kommt eine weitere Sprache dazu: Ende Mai veröffentlicht der kleine Bündner Verlag «Ediziun Apart» das Buch auf Romanisch. «Es ist das erste Werk der Weltliteratur, das wir herausgeben», sagt Verlagsleiter Gion Fry.

Der Zauberer Gandals steht im Auenland vor einem grasigen Hügel.
Legende: Gandalf der Graue ist eine der Hauptfiguren in der Geschichte «The Hobbit» und auch in der späteren Buchreihe «Lord of the Rings» (Herr der Ringe). Keystone/AP Warner Bros. Pictures/Mark Pokorny

Die Idee dazu hatte Frys Neffe Leander Etter, der auch im Verlag arbeitet. «Gerade Fantasy-Romane werden kaum in die romanische Sprache übersetzt», so Neffe Etter. So entstand bei ihm der Wunsch, einen Bestseller der romanischsprachigen Bevölkerung zugänglich zu machen.

Eigentlich sollte es Harry Potter werden.
Autor: Gion Fry Gründer Verlag «Edizium Apart»

Die Übersetzung eines Bestsellers birgt aber viele Herausforderungen. «Eigentlich wollten wir Harry Potter übersetzen», sagt Verlagsleiter Fry. Aber der Londoner Verlag stellt sich quer. «Da hätten wir fast die Flinte ins Korn geworfen.»

Beim zweiten Anlauf, mit «The Hobbit», hat es schliesslich geklappt: Der Verlag der Tolkien-Reihe verkaufte die Rechte für die Übersetzung für 3000 Franken. «Am Anfang waren sie zwar skeptisch», sagt Fry. «Aber wir haben so lange gestürmt, bis sie zugesagt haben.»

Sprachlich eine Herausforderung

Ein Übersetzer war rasch gefunden. «Zum Glück ist der romanische Kosmos sehr klein», so Leander Etter. Ein ehemaliger Schulkamerad, Not Soliva, studiert nämlich Rätoromanisch an der Uni Zürich und war sofort dabei, obwohl Fantasy eigentlich nicht sein Genre ist, wie Soliva zugibt. «Aber mit der Übersetzung habe ich das Buch kennen und bewundern gelernt.»

Bei der Übersetzung von der Originalsprache Englisch stiess Not Soliva auf einige Herausforderungen. Am meisten zu beissen hatte er beim Nachnamen des Hobbits Bilbo Baggins. Baggins beinhaltet das Wort «bag» (deutsch: Beutel) und erhält durch die Endung «-ins» den Klang eines Familiennamens.

Ein Hobbit steht vor einer Tür und geht eine Liste durch.
Legende: Bilbo Baggins, auf Deutsch Bilbo Beutlin, steht im Zentrum von «The Hobbit». Das Buch wurde von Regisseur Peter Jackson in einer Trilogie verfilmt. Keystone/AP Warner Bros. Pictures/James Fisher

«Daran haben wir wirklich lange herumstudiert», erzählt Soliva. Zum Schluss fiel die Wahl auf Bilbo Bundli. «Der Name klingt ähnlich wie Bundi – ein verbreiteter Nachname im Rätoromanischen.»

Rumantsch Grischun oder Sursilvan?

Bei der Übersetzung mussten sich die Verleger überlegen, in welches Idiom der romanischen Sprache sie übersetzen sollen. Sie haben sich für Sursilvan entschieden. «Ein Buch ins Rumantsch Grischun zu übersetzen, wäre ein Politikum gewesen», erklärt Soliva. «Das Buch von Tolkien ist voll Folkloristik und traditioneller Begriffe. Diese Wörter gibt es auf Grischun nicht, weil es eine Kunstsprache ist, die nicht gelebt wird.»

Das Politikum Rumantsch Grischun

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Ursprünglich gibt es im Romanischen fünf verschiedene Idiome, die in den jeweiligen Regionen gesprochen und auch geschrieben werden. Sursilvan (Vorderrhein), Sutsilvan (Hinterrhein), Surmiran (Alvratal und Gelgiatal), Puter (Oberengadin) sowie Vallader (Unterengadin und Münstertal).

In den 70er-Jahren entstand die Idee einer einheitlichen Schriftsprache für die fünf rätoromanischen Idiome – Rumantsch Grischun entstand daraus.

Die einen sehen in der Schriftsprache die letzte Hoffnung, dass das Romanische überlebt. Kritiker und Kritikerinnen bezeichnen Rumantsch Grischun als eine tote Kunstsprache und protestieren gegen deren Gebrauch.

Zwei Jahre nach der Entstehung der Idee ist das Buch nun in der Druckerei. Ende Mai ist die Vernissage im Tolkien Museum in Jenins. Möglich war dies nur dank finanzieller Unterstützung.

So ein Projekt kann nicht rentieren

Das Übersetzungsprojekt kostet über 70'000 Franken. «Dass solch eine Publikation finanziell rentiert, ist unmöglich», betont Verlagsleiter Gion Fry. Denn in der Schweiz sprechen nur rund 60'000 Personen rätoromanisch und nur ein Teil davon Sursilvan.

Doch Gemeinden, der Kanton Graubünden und private Geldgeberinnen und Vereine unterstützten das Projekt. Derzeit läuft zudem ein Crowdfunding auf der Plattform «Lokalhelden».

«Wenn wir mehr als 500 Bücher verkaufen, ist es ein Erfolg», erklärt Fry. 1000 Bücher sind beim Verlag im Druck. Über 300 Personen haben bereits ein Exemplar vorbestellt. «The Hobbit» auf Romanisch ist also auf dem besten Weg zum Kassenschlager – wenn auch nur in den Relationen des romanischen Kosmos.

Regionaljournal Graubünden, 05.04.2024, 17:30 Uhr;

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