Kurzarbeit, Erwerbsersatz, Härtefälle: Corona kostet Milliarden. 80 bis 90 Prozent dieser Kosten trägt gemäss Angaben der eidgenössischen Finanzverwaltung der Bund. So könne das nicht mehr weitergehen, sagt nun der abtretende Präsident der Finanzkommission des Nationalrats, der Waadtländer Freisinnige Olivier Feller.
Er nimmt die Kantone in die Pflicht. «Seit März 2020 spricht man viel von Solidarität. Ich muss sagen, ich habe nicht gerade eine grosse Solidarität gesehen zwischen dem Bund und den Kantonen. Die Kantone hatten häufig die Tendenz, zu sagen, der Bund muss Unterstützungsmassnahmen ergreifen und sie auch finanzieren.»
Die meisten Kantone im Plus
Ein Stück weit gehe die ungleiche Aufteilung zwar in Ordnung, schliesslich sei es der Bund, der die meisten Massnahmen angeordnet habe. Und trotzdem schrieben die meisten Kantone im Krisenjahr 2020 schwarze Zahlen.
Insgesamt gegen zwei Milliarden Franken beträgt das Plus in den Kantonen, sodass einzelne Kantone sogar Steuern senken konnten, was naturgemäss vor allem der politischen Linken sauer aufstösst. SP-Finanzpolitikerin Barbara Gysi zum Beispiel: «Wenn ich sehe, dass die Kantone Steuern senken, muss ich sagen, so war es nicht gedacht.» Die Kantone müssten sich solidarisch beteiligen und ihren Anteil in der Pandemiebekämpfung ernst nehmen.
«Das tun wir ja schon lange», entgegnet auf Stimmen wie diese der kantonale Finanzdirektor mit der grössten Kasse, der Zürcher Ernst Stocker. Er ist auch Präsident der Finanzdirektorenkonferenz. So beteiligten sich die Kantone etwa am Härtefallprogramm für Betriebe in Not oder sie hätten teils grosse Extrasummen in ihre Spitäler gesteckt.
Stocker verhehlt aber nicht, den Kantonen sei es letztes Jahr finanziell viel besser gegangen als befürchtet. Zum einen erhielten die Kantone wie auch der Bund deutlich mehr Geld von der Nationalbank und dann lieferten gewinnstarke Branchen ordentlich Steuern ab.
«Widerstandsfähige» Kantone
«Wir haben glücklicherweise sehr viele Betriebe, grosse, kleine und auch natürliche Personen, denen es trotz Pandemie sehr gut geht. Sonst würden die Steuern nicht so sprudeln. Und wenn gewisse Kantone in diesem Umfeld trotzdem noch die Steuern senken können, dann zeigt das die Widerstandsfähigkeit der Kantone oder der Schweiz», so Stocker weiter.
Richte man den Blick aber etwas weiter voraus – 15, 30 Jahre – trübten sich die Aussichten ein. Weil die Gesellschaft älter und pflegebedürftiger wird, kommen mehr Kosten auf Bund, Kantone und Gemeinden zu, wobei die grösste Last die Kantone zu tragen hätten, sagt der Präsident der Finanzdirektorenkonferenz mit Verweis auf Berechnungen des Bundes.
Finanzausgleichsstruktur für faire Finanzierung
Ganz in der Gegenwart bleibt FDP-Nationalrat Olivier Feller. Er hat eine Idee, wie die Coronalast aus seiner Sicht gerechter zwischen Bund und Kantonen aufgeteilt werden könnte. Seit langem gebe es schliesslich den Finanzausgleich, eine komplizierte Ausgleichsmaschinerie, die Milliarden zwischen Bund und Kantonen umverteilt.
Für die Bewältigung der Pandemiekosten könne man sich da inspirieren, so Feller. «Man muss vielleicht eine Art Finanzausgleichsstruktur einrichten, damit auch in dieser ausserordentlichen Lage die Finanzierung der Unterstützungsmassnahmen fairer organisiert werden kann.»
Geht die Krise bald zu Ende, dürften sich Diskussionen wie diese schnell erübrigen. Dauert sie hingegen an, werden auch die Verteilkämpfe zwischen Bund und Kantonen wohl noch heftiger.