Worum geht es? Nach dem Ende der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU gilt die Schweiz bei «Horizon Europe», dem EU-Programm für Forschung und Innovation, als ein «nicht-assoziiertes Drittland». Die Schweizer Forschung hat praktisch keinen Zugang mehr zu Fördergeldern aus der EU.
Was unternimmt der Bundesrat? Die Diplomatie läuft im Moment auf Hochtouren. Bildungsminister Guy Parmelin besuchte am Freitag die deutsche Ministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger. In Berlin war im Januar schon Bundespräsident Cassis. Diese Woche waren bereits die Briten in Bern. Parmelin reiste kürzlich auch nach Finnland. Der Bundesrat verfolgt das Ziel der Vollassoziierung am Forschungsabkommen. Der Bundesrat arbeite daran, die Diskussion mit der EU wieder zu beginnen, sagt Bundesrat Parmelin. «Wenn die Blockade bleibt, suchen wir Alternativen», sagt Parmelin.
Kann die Schweiz auf die Unterstützung Deutschlands zählen? Deutschland hat laut Aussagen des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Unverständnis über die nicht volle Assoziierung der Schweiz am Forschungsabkommen Horizon Europe geäussert. Die deutsche Bundesministerin habe eine klare Position, sagt Guy Parmelin zu Radio SRF: «Es ist eine schlechte Sache, dass wir Politik mit Wissenschaft mischen.» Die nicht volle Assoziierung der Schweiz am Forschungsabkommen schwäche den europäischen Forschungsplatz massiv.
Die Forschungsministerin Deutschlands will sich für die Schweiz in Brüssel einsetzen, sagte WBF-Sprecher Urs Wiedmer. Bereits Aussenministerin Baerbock habe Bundespräsident Cassis erklärt, dass Deutschland sich engagieren wolle, sodass die Schweiz schnell am Horizon Europe assoziiert werde.
Kann die Schweiz auf Unterstützung von weiteren Ländern zählen? Die Schweiz hat neben Deutschland auch positive Signale aus Helsinki und Wien erhalten, erläutert Bundeshausredaktor Curdin Vincenz. «Es ist gut möglich, dass sich diese Länder in Brüssel für die Schweiz einsetzen. Aber zuständig für die Verhandlungen mit der Schweiz ist die EU-Kommission in Brüssel, nicht die einzelnen EU-Staaten.» Die drei Staaten seien nicht nichts. «Aber ob das reicht, damit die EU-Kommission jetzt einfach ihre Haltung von einem Tag auf den anderen ändert, ist doch fraglich», so Vicenz.
Wie geht es weiter? Solange die Schweiz bei den institutionellen Fragen nicht entgegenkommt, bleibt das Horizon-Programm wohl blockiert. «Der Bundesrat hat noch immer nicht dargelegt, womit er nach dem Scheitern des Rahmenabkommen auf Brüssel konkret zugehen will», sagt der Bundeshausredaktor. Das beste Szenario aus Sicht der Schweizer Wissenschaft wäre, die Schweiz präsentierte bald diese Agenda. Dann sei die EU bereit, mit der Schweiz wieder über Horizon zu verhandeln. «Das wäre ein Teilerfolg. Sobald nämlich noch im laufenden Jahr Verhandlungen für eine Vollassoziierung der Schweiz beim Forschungsnetzwerk Horizon aufgenommen werden, können Schweizer Forschende zumindest wieder Horizon Gesuche einreichen.»