Für Blüten und Jungfrüchte ist das derzeitige Aprilwetter kein Scherz: zu frostig, selbst in der Luft. «April, April», möchte man stöhnen, aber der Volksmund wird den derzeitigen Wetter-Kapriolen nur beschränkt gerecht, sagt SRF-Meteorologin Daniela Schmuki.
SRF News: Vor wenigen Tagen schwitzten wir noch in der Badehose an der Sonne, jetzt frieren wir. Wie normal ist das noch?
Daniela Schmuki: Grosse Temperaturschwankungen sind typisch für den Monat April – sowohl von Tag zu Tag als auch in Bezug auf die tägliche Temperaturamplitude. Die Luft ist generell noch eher kühl, die Aprilsonne kann aber schon kräftig einheizen. Im langjährigen Mittel werden an einem Aprilnachmittag im Mittelland etwa 15 Grad erreicht. Die Sommertage mit über 25 Grad lagen entsprechend mehr als 10 Grad über der Norm. Aktuell ist es kühl für die Jahreszeit: Die Abweichung nach unten ist jedoch mit «nur» etwa 7 Grad geringer als wir sie nach oben beobachten konnten. In anderen Worten: Die Sommerwärme im April ist aussergewöhnlicher als die Kälte, die wir im Moment erleben.
Aprilwetter halt. Aber welche atmosphärischen Bedingungen führen momentan dazu, dass wir Ende April ungewöhnlich kaltes und schneereiches Wetter erleben?
Diese Woche liegen wir in einer nördlichen Anströmung, sodass kalte und feuchte Polarluft bis zum Alpenraum vorstösst. Die Luftmasse ist kalt genug für Schnee bis in tiefe Lagen. Zudem kann die Schneefallgrenze bei kräftigen Schauern noch tiefer sinken.
Schnee am 18. April in Schwellbrunn (972 m)
Gibt es eine Verbindung zwischen dem aktuellen Wetterphänomen und globalen Klimamustern oder langfristigen Trends?
Bei der Häufigkeit der Wetterlagen lassen sich Trends in Bezug auf den Klimawandel kaum feststellen. Kaltluftvorstösse und Schneegestöber im April sind nichts Aussergewöhnliches und kommen immer wieder vor. Es hat sogar am 4. Mai 2019 in Bern noch einmal geschneit.
Wie lange wird dieses ungewöhnliche Wetter voraussichtlich anhalten und gibt es Anzeichen für eine baldige Wetteränderung?
Das wechselhafte und kühle Aprilwetter wird uns noch eine Weile beschäftigen. Ab Sonntag macht sich jedoch ein Tropfen mit kalter Polarluft selbständig und «eiert» über die Schweiz Richtung Spanien. Damit dreht der Höhenwind zu Beginn der neuen Woche vorübergehend auf Süd, sodass auch die Alpensüdseite vermehrt von Schauern betroffen ist. Dafür wird der Norden vorübergehend entlastet.
Schnee am 18. April in Bern (542 m)
Welche Auswirkungen hat dieses ungewöhnliche Wetter auf die Landwirtschaft und unsere Gärten?
Eine heikle Kombination, weil die Vegetation bereits weit entwickelt ist. Das Problem ist somit nicht die aktuelle Kälte, sondern die viel zu hohen Temperaturen im Vorfeld: Die Pflanzen haben teilweise einen Vorsprung von mehreren Wochen im Vergleich zum Mittel. Umso empfindlicher reagieren jetzt Blüten und teilweise schon Jungfrüchte, die nur noch ganz leichten Luftfrost auf der Messhöhe von 2 Metern vertragen. Und die Frostgefahr ist leider noch lange nicht gebannt: In der Nacht auf Freitag gibt es verbreitet Bodenfrost und lokal sogar in tiefen Lagen Luftfrost. Die Nacht auf Samstag ist mit Westwind etwas weniger kalt. Aber schon auf Sonntag und in der neuen Woche besteht Boden- und teilweise sogar Luftfrostgefahr.
Das Gespräch führte Michael Fröhlich.