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Freibäder in der Schweiz Weniger Badis für immer mehr Leute

Obwohl die Bevölkerung wächst, werden nur wenige neue Badis gebaut. Das hat handfeste Gründe.

Die Bevölkerung in der Schweiz wächst von Jahr zu Jahr – umso mehr Badis müsste es geben. «Die Nachfrage nach Wasserflächen ist in den letzten Jahren gewachsen», bestätigt Markus Gasser vom Verband der Schweizer Hallen- und Freibäder (VHF), der während 15 Jahren Bäder in Bern geleitet hat.

Doch neue Freibäder werden in der Schweiz kaum gebaut. «Der Bau von Sportanlagen hinkt dem Bevölkerungswachstum hinterher», sagt Rainer Gilg von der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Sportämter (ASSA). Das liege am Platzmangel und an den Kosten.

«Mit bis zu 20 Millionen muss man für den Bau einer Badi rechnen», sagt Gilg. Das halte viele Gemeinden davon ab. Denn mit dem Errichten ist es nicht getan. «Ein Freibad wird nie wirtschaftlich sein, das Personal, die Wasseraufbereitung und der Betrieb der Anlage sind zu teuer.» Auch Gasser sagt, Badis rentierten nicht, sondern seien immer subventioniert.

Veränderte Bedürfnisse

Die meisten Badis in der Schweiz stammen aus den 60er- bis 80er-Jahren und sind heute sanierungsbedürftig. «Auch das kostet Geld», sagt Gasser vom Freibäder-Verband. «Dafür passt man die Badi bei der Renovation gleich an die heutigen Bedürfnisse an.»

Mann springt vor Publikum von Sprungturm in Badi
Legende: Nur ein einfaches Wasserbecken reicht heutzutage nicht. Einweihung einer neuen Badi in La Chaux-de-Fonds. KEYSTONE/Jean-Christophe Bott

Denn die Bedürfnisse haben sich stark gewandelt. Nicht nur die Ansprüche an Wasserqualität und Sicherheit sind gestiegen, sondern auch an den Fun-Faktor: «Früher reichte ein Drei-Meter-Sprungbrett, heute wollen die Leute eine Rutschbahn oder ein Crazy Jump», sagt Gasser. Und: Während Badis früher mit zahlreichen Männer- und Frauengarderoben ausgestattet worden seien, reichten heute ein paar universelle Umkleidekabinen.

Es gibt Alternativen

Dass es wegen der wachsenden Bevölkerung nun plötzlich zu wenige Badis gibt, fürchtet Gasser nicht. Es gebe heute nämlich viel mehr Alternativen: «Der eine stellt im Garten einen mobilen Swimmingpool auf, andere gehen ins Wellnesshotel oder in einen See oder einen Fluss.» Die Gewässer seien nämlich viel sauberer geworden.

Badis und Hallenbäder in der Schweiz

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Erste öffentliche Badeanstalten gibt es in der Schweiz seit Mitte des 19. Jahrhunderts – weil es kaum private Badezimmer gab. Strandbäder «zum Spass» entstanden nach dem Ersten Weltkrieg. Die meisten Badis wurden in den 70er- und 80er-Jahren gebaut. Heute gibt es gemäss einer privaten Schätzung rund 600 öffentliche Frei-, See- und Flussbäder in der Schweiz. Der Bund erhebt keine Zahlen.

Gasser gibt auch zu bedenken, dass man die Verteilung der Badis in der Schweiz anschauen müsse: «Dort, wo die Bevölkerungsdichte gross ist, hat es auch viele Bäder.» Tatsächlich zählt Zürich zu den Städten in Europa mit einer der höchsten Badi-Dichten.

Und doch: Laut Gilg wünscht sich die Bevölkerung Badis – sie hätten geradezu Kultstatus. «Freibäder gehören zum Allgemeingut, sie sind wie ein Dorfplatz.» Die letzten 15 Jahre wären entscheidend gewesen, um neue Badis zu planen. «Ein öffentlicher Bau, der so viel kostet wie eine Badi, braucht viel Zeit für den politischen Prozess und die Planung – bis zu 20 Jahre.» Falls es also doch einen Mangel geben sollte, liesse sich dieser nicht so schnell beheben.

Regionaljournal Zentralschweiz, 17.07.2025, 12:03 Uhr;liea

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