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Gefahr im Sommer Mehr tödliche Badeunfälle von Kindern als in den letzten Jahren

«Das bereitet uns Sorgen», sagt ein Sprecher der Lebensrettungs-Gesellschaft. Und fordert mehr Achtsamkeit.

Normalerweise würden jährlich drei bis vier Kinder bei einem Schwimmunfall ums Leben kommen, sagt Christoph Merki von der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft. Im laufenden Jahr hat die Organisation bereits sechs Todesfälle von Kindern registriert.

Weil die Saison noch ein, zwei Monate läuft, ist laut Merki davon auszugehen, dass sich die Zahl erhöhen wird. «Wir haben jetzt schon wesentlich mehr tödliche Unfälle mit Kindern», sagt Merki. «Das bereitet uns natürlich Sorgen.»

Zunahme schwerer Badeunfälle

Aber nicht nur die Zahl der Todesfälle sei überdurchschnittlich hoch, sagt Diana Repucci, Oberärztin am Universitäts-Kinderspital beider Basel. Es ereigneten sich auch sonst ungewöhnlich viele schwere Badeunfälle bei Kindern, die bei ihr auf der Intensivstation landen würden.

«Wir haben dieses Jahr bereits sieben Badeunfälle registriert», sagt Repucci. Das seien mehr als im vergangenen Jahr. Kinder, die nach Badeunfällen auf die Intensivstation gebracht werden müssten, würden häufig unter gravierenden Folgen leiden. Weil bei diesen Kindern in der Regel für längere Zeit die Sauerstoffzufuhr unterbrochen gewesen sei.

«Da werden alle Organe betroffen, unter anderem das Gehirn, das am sensibelsten ist. Und die Schäden sind dann auch von neurologischer Natur.» Das könne zu Behinderungen oder im schlimmsten Fall gar zum Tod führen.

Auf Gefahren aufmerksam machen

Warum es dieses Jahr zu einer Häufung an tödlichen Badeunfällen von Kindern gekommen ist, lasse sich nicht eindeutig beantworten, sagt Christoph Merki. Klar sei aber, ein Badeunfall könne schnell geschehen. «Wenn man mit den Bademeistern spricht, hört man oftmals, dass die Eltern oder Begleitpersonen nicht mehr ganz so aufmerksam seien.»

Dutzende Menschen springen in Zürich in die Limmat.
Legende: Diana Reppuci, Oberärztin am Universitäts-Kinderspital beider Basel, sieht allgemein einen Anstieg an schweren Badeunfällen bei Kindern. Keystone/Archiv/Michael Buholzer

Daher werde weiterhin versucht, die Menschen auf die erste Baderegel, Kinder niemals unbeaufsichtigt im Wasser zu lassen, aufmerksam zu machen, sagt Merki. Und es sei wichtig, überall für die Gefahren beim Baden zu sensibilisieren. Natürlich in den Badeanstalten, aber auch in den Schulen.

Flickenteppich beim Schulschwimmen

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Der Lehrplan 21 schreibt vor, dass Kinder den Umgang mit Wasser in der Schule erlernen und sich aus brenzligen Situationen selbst retten können müssen. Bei der genauen Umsetzung dieser Vorgaben sind die Schulen jedoch frei.

Es gebe in diesem Bereich einen «totalen Flickenteppich», sagt Jean-Marc Aebischer, Mitglied des Schweizerischen Verbands für Sport in der Schule und Schulsportverantwortlicher des Kantons Freiburg. In seinen Augen ist die Stadt Zürich beim Schwimmunterricht eine Musterschülerin.

Die Schulen in der Stadt Zürich liessen regelmässig Schwimmunterricht durchführen. «Die Stadt stellt den Schulen ausgebildete Schwimminstruktoren zur Verfügung», sagt Aebischer.

Aber das sei nicht die Norm: In vielen Gemeinden müsse der Primarlehrer oder die Primarlehrerin selbst den Schwimmunterricht abdecken. Zudem fehle es häufig an eigenen Schwimmbädern.

«Nicht jede Gemeinde kann oder möchte sich ein Schwimmbad leisten», so Aebischer.

So werde der Schwimmunterricht zum aufwändigen und teuren Unterfangen. Trotzdem findet Aebischer, dass Schwimmen weiterhin Teil des Schulunterrichts bleiben soll. Gerade in der Schweiz, dem Wasserschloss Europas.

HeuteMorgen, 21.07.2023, 06:00 Uhr

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