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Geplante Gesetzesänderung Bundesrat will Privatschulden einfach streichen – der Überblick

Hoffnungslos verschuldeten Personen will der Bundesrat eine zweite Chance geben. Mit zwei neuen Verfahren sollen Verschuldete ihre Schulden loswerden können. Doch aus dem bürgerlichen Lager kommt Skepsis. Bundeshauskorrespondent Manuel Ramirez beantwortet die wichtigsten Fragen.

Manuel Ramirez

Bundeshauskorrespondent

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Manuel Ramirez ist Bundeshauskorrespondent bei SRF. Zuvor arbeitete er für die Inlandredaktion von SRF TV und war Redaktor und Produzent bei SRF 4 News und HeuteMorgen.

Was will der Bundesrat genau?

Hoffnungslos verschuldete Menschen haben oft wenig Aussicht darauf, je wieder schuldenfrei zu leben. Das wollen der Bundesrat und das Parlament ändern, denn häufig leiden Betroffene auch gesundheitlich unter der Schuldenlast. Für Bund und Parlament geht es auch ums Geld: Gesundheitliche Probleme bedeuten höhere Gesundheitskosten. Zudem muss weniger Sozialhilfe bezahlt werden, wenn es weniger verschuldete Personen gibt. Gleichzeitig steigen die Steuereinnahmen, weil die Betroffenen wieder über ein steuerbares Einkommen verfügen.

Wie will der Bundesrat Verschuldete von ihrem Schuldenberg befreien?

Der Bundesrat schlägt zwei Verfahren vor: Schuldner mit einem regelmässigen Einkommen sollen einen Vergleich mit ihren Gläubigern abschliessen können. Dabei wird geprüft, wie viel Geld der Schuldner zurückbezahlen kann. Eine Mehrheit der Gläubiger muss mit dem Kompromissbetrag einverstanden sein, dann ist ein Schuldenschnitt möglich. Dieses Verfahren ist im Parlament weitgehend unbestritten.

Für Kritik sorgt jedoch das zweite Verfahren, das für Personen gedacht ist, die kein oder kaum Einkommen haben und als hoffnungslos verschuldet gelten. Dabei sollen Verschuldete während 3 Jahren so viel Geld wie möglich zurückbezahlen müssen. Anschliessend sind sie von sämtlichen Schulden befreit, auch wenn diese in den 3 Jahren nicht vollständig zurückbezahlt worden sind.

Was stört die Bürgerlichen?

Die SVP kritisiert, dass die Allgemeinheit dafür bezahlen müsse, wenn Verschuldete nicht ihre gesamten Schulden begleichen. Unternehmen, die auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben, könnten zum Beispiel gezwungen sein, die Preise ihrer Produkte zu erhöhen, argumentiert die Zürcher SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann. Dasselbe gelte für Steuerschulden und Krankenkassenprämien, die Schuldner nicht vollständig begleichen beziehungsweise zurückzahlen.

Die SVP setzt sich deshalb mit Unterstützung der FDP und der Mitte dafür ein, dass die Hürden für ein schuldenfreies Leben erhöht werden. Konkret sollen Verschuldete grundsätzlich nur ein Mal im Leben Anspruch auf ein solches Verfahren haben und sie sollen nicht nur während 3 Jahren so viele Schulden wie möglich abbezahlen müssen, sondern während 5 Jahren.

Was sagen die Befürworter der Pläne des Bundesrats?

Diese höheren Hürden für Hochverschuldete findet der Dachverband der gemeinnützigen Fachstellen für Schuldenberatung in der Schweiz nicht gut. Die Begründung: Die kürzere Frist von 3 Jahren sei für die Schuldner absehbar und realistisch erreichbarer, sagt Schuldenberater Christoph Räber. Gläubiger würden mehr Geld erhalten, wenn die Schuldner diese 3 Jahre durchstehen würden, als wenn sie das 5-jährige Verfahren nach 2 Jahren abbrechen würden, so Räber.

Wie wird das Parlament entscheiden?

In der vorberatenden Kommission hat sich die SVP flankiert von der FDP und der Mitte durchgesetzt. Das deutet darauf hin, dass sich der Nationalrat für höhere Hürden ausspricht als vom Bundesrat vorgeschlagen. Hoffnungslos Verschuldete dürften es damit schwerer haben, ihren Schuldenberg hinter sich zu lassen. Entschieden wird voraussichtlich in der Herbstsession.

Tagesschau, 16.7.2025, 18 Uhr ; 

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