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Gerangel um Fraktionen Die FDP könnte auf den fünften Rang abrutschen

Die Fraktionsgespräche laufen. Wer mit wem zusammengeht, bestimmt über Macht und Symbolik im Nationalrat.

Wer im Nationalrat das Sagen hat, entscheidet sich nicht alleine aufgrund der Wählerstärke der Parteien. Wichtig ist auch, welche Parteien sich zu Fraktionen zusammenschliessen. Hinter den Kulissen laufen derzeit die Gespräche. Dabei zeichnet sich ein Gerangel um den dritten bis fünften Platz ab, denn die Grünen haben die Rangliste durcheinandergebracht.

Als Fraktionen sind Parteien stärker

Alleine von den Parteienstärken nach den Wahlen her folgt auf SVP und SP, die nach wie vor die beiden stärksten Parteien im Nationalrat sind, die FDP an dritter Stelle. Auf Platz vier sind die Grünen, die die CVP bei den Wahlen überholt haben. Zur Grünen Fraktion dürften zudem zwei Sitze dazu kommen – wie bisher jener von der Partei der Arbeit (NE) und neu möglicherweise auch jener der Partei Solidarités (GE). Damit würden die Grünen auch die FDP überholen.

Auf Hochtouren laufen derzeit die Gespräche zwischen BDP, CVP und FDP. Die Vertretung der BDP ist bei den Wahlen auf drei Sitze geschrumpft und kann darum keine eigene Fraktion mehr bilden. Noch ist offen, welcher der beiden Fraktionen sich die BDP anschliesst. Bereits vor zwei Wochen hat CVP-Präsident Gerhard Pfister den verbleibenden drei BDP-Nationalräten angeboten, sich der CVP anzuschliessen.

Pfister strebt nach einer grossen Fraktion in der Mitte: Zusammen mit der auf drei Sitze angewachsene EVP-Vertretung könnte sich die CVP mit ihrer Fraktion auf den dritten Platz manövrieren – die FDP würde auf den fünften Platz verdrängt.

Gerhard Pfister bei einem Interview
Legende: CVP-Präsident Gerhard Pfister hofft auf die Unterstützung der Kleinparteien BDP und EVP. Keystone

Viel Symbolik, aber nicht nur

«Für die FDP als Gründerpartei des Bundesstaates hätte ein Abrutschen auf den fünften Platz eine sehr grosse symbolische Bedeutung», sagt Politologe Adrian Vatter von der Universität Bern. Denn nach den Wahlen sei die FDP nur noch eine Partei unter Vielen. «Es droht ihr ein Reputations- und Machtverlust.» Dabei gehe es nicht nur um Symbolik.

Bisher galten die vier grössten Parteien als jene, die auch im Bundesrat vertreten sein sollten. Das ist nun nicht mehr klar.
Autor: Adrian Vatter Politologe

Die Rangliste der Fraktionen im Nationalrat könnte sich laut Vatter im Endeffekt bis auf die Bundesratswahlen auswirken. «Bisher galten die vier grössten Parteien als jene, die auch im Bundesrat vertreten sein sollten. Das ist nun nicht mehr klar», so Vatter. Es gelte jedoch abzuwarten, wie die FDP nach den zweiten Wahlgängen im Ständerat dastehe, denn dieser entscheidet bei der Bundesratswahl mit.

Privileg Nationalratspräsidentin

Schliesslich haben bisher die vier grössten Fraktionen noch ein weiteres Privileg: SVP, SP, FDP und CVP haben in den letzten Jahrzehnten – mit wenigen Ausnahmen – meist das Nationalratspräsidium gestellt. Das Amt der höchsten Schweizerin oder des höchsten Schweizers ist prestigeträchtig und verschafft den Parteien Aufmerksamkeit. Zudem fällt der Nationalratspräsident oder die Nationalratspräsidentin jeweils den Stichentscheid, wenn es in einer Abstimmung gleich viele Befürworter wie Gegner gibt.

FDP-Politiker Isabelle Moret
Legende: Isabelle Moret soll turnusgemäss nächste Nationalratspräsidentin werden. Keystone

Trotz möglicher Machtverschiebungen durch die Fraktionszusammenschlüsse: Um ihr Nationalratspräsidium muss die FDP kaum fürchten. Isabelle Moret, die bereits als Stellvertreterin amtete, übernimmt das Amt turnusgemäss. Dieser Turnus könnte angesichts der neuen Verhältnisse im Nationalrat künftig auf fünf erweitert werden.

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