Der Güterverkehr auf der Schiene ist liberalisiert. Wettbewerb zwischen den Unternehmen soll für gute Angebote sorgen. Das Problem: Der Markt spielt nicht mit, zumindest nicht in allen Bereichen.
Der Bund will deshalb jetzt neue Subventionen ausrichten. Nach Ansicht von Experten in der Branche geht es dabei um nicht weniger als die Zukunft des Güterverkehrs für kleinere Mengen.
Letzte Meile ist die teuerste
Schwierig ist die Situation vor allem für kleinere Kunden, die nur einzelne Wagen fahren lassen wollen. Sie brauchen ein Bahnunternehmen, das einzelne Wagen abholt, sie zu einem Zug zusammensetzt, ans Ziel bringt und dort einzeln wieder abliefert. Dieser sogenannte Einzelwagenladungsverkehr ist aufwändig und teuer.
Das Angebot müsse jeden Tag funktionieren, sagt Güterbahn-Experte Richard Seebacher. «Das generiert hohe Fixposten für Ressourcen, Personal und Lokomotiven, egal ob viel oder wenig Menge transportiert wird.»
Angebot wird schlechter
Die SBB Cargo habe in den letzten Jahren das Angebot reduziert. «Weil man sparen musste, hat man an der Bedienungsqualität geschraubt», so Seebacher.
-
Bild 1 von 3. Es brauche eine Lösung für den Einzelwagenladungsverkehr, sagt Richard Seebacher. Der Güterbahn-Experte hat bis 2011 für SBB Cargo gearbeitet und war anschliessend in der Geschäftsleitung verschiedener europäischer und schweizerischer Güterbahn-Unternehmen tätig. Bildquelle: Gaetan Bally / Keystone.
-
Bild 2 von 3. Das Vergabeverfahren für Subventionen soll Konkurrenz ermöglichen. Aber das Einzelwagenladungsgeschäft bleibt anspruchsvoll. Bildquelle: Gaetan Bally / Keystone.
-
Bild 3 von 3. Einzelne Güterwagen müssen an den Bedienpunkten abgeholt und in den Güterbahnhof transportiert werden. Dort werden sie sortiert, als Zug verschoben und am Ende wieder einzeln abgeliefert. Bildquelle: Walter Bieri / Keystone.
Es gibt deshalb heute weniger Abholpunkte oder weniger Abholungen pro Woche. Damit wurde die Güterbahn weniger attraktiv, Kunden sprangen ab – und für die Verbliebenen wurde es noch teurer.
Das Parlament will den Niedergang jetzt mit neuen Subventionen stoppen. Bis Ende August läuft die Bewerbungsfrist. Beim Bund hofft man, dass sich nicht nur die SBB um die neuen Bundesgelder bemühen, sondern auch neue Anbieter. Das Ziel: Bis in acht Jahren sollen die unterstützten Güterbahnen selbsttragend arbeiten.
Konkurrenz für SBB Cargo, wenn sie will
Weil die Einstiegshürden hoch sind, hat der Bund drei Varianten ausgeschrieben:
- Alles aus einer Hand: Das entspricht dem heutigen Modell mit SBB Cargo. Ein Anbieter wickelt den ganzen Einzelwagenladungsverkehr schweizweit ab. Er kann Subunternehmen beauftragen.
- Kooperation: Mehrere Partner auf Augenhöhe bewerben sich gemeinsam um Subventionen. Sie teilen die Aufgaben untereinander auf.
- Konkurrenz: Mehrere Anbieter treten gegeneinander an. Es werden Gebiete definiert, für die einzelne Subventionsempfänger zuständig sind. Der Bund koordiniert zwischen den Anbietern.
Variante 1 bringt keine Veränderung im Markt. Und für Variante 2 und 3 müsste sich SBB Cargo offen zeigen für Zusammenarbeit – mit der Aussicht, dass so mittelfristig Konkurrenz entstehen könnte. «Es braucht den Willen von SBB Cargo», sagt Seebacher, «ohne wird es nicht gehen».
Rettung für den Güterverkehr?
Nur: Hat SBB Cargo überhaupt ein Interesse, Konkurrenz zu ermöglichen? Öffentlich äussern wollen sich weder SBB noch mögliche Partner oder Konkurrenten, solange die Subventionsvergabe läuft. Richard Seebacher betont aber: «Ich sehe das nicht als Konkurrenz, sondern als Lösung um den Einzelwagenladungsverkehr überhaupt in die Zukunft retten zu können.»
Entstehe keine Konkurrenz, drohe das Angebot für die Kundschaft immer schlechter zu werden – am Ende würden SBB Cargo so immer mehr Kunden im Einzelwagenladungsverkehr abspringen.
Ende August wird sich zeigen, wer sich um die Subventionen für den Einzelwagenladungsverkehr bewirbt – und ob die SBB neue Partner oder Konkurrenten erhält.