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Halbe Milliarde Franken mehr Kantone stocken Prämienverbilligung auf

Nachdem viele Kantone in den letzten Jahren die Ausgaben für Prämienverbilligungen gesenkt haben, zeigte sich letztes Jahr ein anderes Bild. 2020 wurde die Unterstützung für Menschen mit tiefen Einkommen massiv ausgebaut.

Es war eine Nachricht mit Seltenheitswert. Zum ersten Mal seit 2008 gab der Bundesrat tiefere Krankenkassenprämien bekannt. Eine gute Nachricht vor allem für jene, welche die teure Grundversicherung kaum bezahlen können. Also für mehr als ein Viertel der Bevölkerung, der Prämienverbilligungen vom Staat erhält.

Nun zeigen neue Zahlen des Bundesamts für Gesundheit: Die Unterstützung für Menschen mit tiefem Einkommen wurde im letzten Jahr massiv ausgebaut. Über 20 Prozent mehr Geld gab es von den Kantonen. Eine Kehrtwende, nachdem diverse Kantone ihren Anteil an den Prämienverbilligungen in den Jahren zuvor zurückgefahren hatten. Schweizweit erhielten so letztes Jahr immerhin 50'000 Personen zusätzlich einen öffentlichen Beitrag für die Krankenkasse.

Wegweisender Fall Luzern

Hauptgrund für die Entwicklung ist ein Bundesgerichtsentscheid . 2019 wurde eine Beschwerde gegen Luzern gutgeheissen. Der Kanton hatte die Einkommensgrenze für den Erhalt von Prämienverbilligungen so stark gesenkt, dass mehrere Zehntausend mittelständische Personen ihre Prämienverbilligung gänzlich verloren.

Das Urteil scheint nun Wirkung über Luzern hinaus zu zeigen. Neben Luzern haben auch andere Kantone die Einkommensgrenze für den Erhalt von Prämienverbilligungen erhöht. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz bestätigt gegenüber SRF den Zusammenhang mit dem Bundesgerichtsurteil: «Aufgrund des Urteils dürften verschiedene Kantone ihre Bemessungsgrundlagen überprüft und gegebenenfalls angepasst haben.»

Gelöst sei das Problem damit aber nicht, sagt Krankenkassenexperte Felix Schneuwly. Er kritisiert, dass die heutigen Einkommensgrenzen zu starr formuliert seien. Dadurch entstünden Schwelleneffekte, die insbesondere «Familien mit tiefen Einkommen» träfen. Will heissen: Das System benachteiligt jene, die knapp über der Anspruchsgrenze für einen Prämienzustupf liegen. Sie gehen leer aus.

Auch Corona spielt mit

Schneuwly gibt überdies zu bedenken, dass ein Teil des jüngsten Wachstums bei den Prämienverbilligungen temporär sei. Denn im Jahr 2020 habe auch die Pandemie mitgespielt: «Wer wenig verdient und wegen Kurzarbeit nur noch 80 Prozent des Lohnes erhält, ist plötzlich anspruchsberechtigt für die Prämienverbilligung.»

Immerhin: Das Bundesgerichtsurteil dürfte die angespannte Prämiensituation für den unteren Mittelstand zumindest in einigen Kantonen etwas verbessert haben. Dennoch bleibt die ungelöste Frage: Wer soll die wachsenden Kosten im Gesundheitswesen bezahlen?

Eine weitere Prämienerhöhung wäre für einen Teil der Bevölkerung nicht stemmbar. Also müssten Bund und Kantone in die Bresche springen. Vielen Kantonen dürften aber die Mittel für eine noch stärkere Entlastung des Mittelstands fehlen. Die Folge wäre wohl der Ruf nach Steuererhöhungen. Doch diese dürften bei einem Grossteil der Bevölkerung unpopulär sein.

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