Geht es um die sogenannte Heiratsstrafe, wird aus «drum prüfe, wer sich ewig bindet» schnell mal «drum prüfe ewig, wer sich bindet»: Nicht wenige Paare überlegen sich wegen der steuerlichen Benachteiligung den Schritt vor den Traualtar zweimal. Das Bundesgericht hat die Heiratsstrafe schon 1984 kritisiert und auch im Parlament sind sich fast alle einig: Die Heiratsstrafe muss weg.
Über das «Wie» wird aber seit Jahren diskutiert. So auch jetzt wieder im Nationalrat, als die Volksinitiative der Mitte «Ja zu fairen Bundessteuern» auf der Traktandenliste stand. In der grossen Kammer zeichnet sich jedoch ab, dass die Initiative kaum zur Annahme empfohlen werden dürfte. Auch wenn der Beschluss erst am Mittwoch gefasst wird.
«Mit unserer Initiative wollen wir die Heiratsstrafe abschaffen – nicht mehr und nicht weniger», sagt Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy. Konkret will die Initiative, dass die Bundessteuer für Eheleute anders ermittelt wird als heute. Die Partei schlägt zwei Steuerberechnungen vor: Die gemeinsame Besteuerung wie heute und parallel dazu eine getrennte Berechnung wie bei nicht verheirateten Paaren. Als Steuer fällig würde der niedrigere Betrag.
Mitte-Nationalrat Leo Müller wirbt für die Initiative. Einfach umzusetzen, verlange sie keinen Systemwechsel bei den Kantonen. Vier Fünftel von ihnen lehnten die Individualbesteuerung ab. Ausser bei der Bundessteuer sei die Heiratsstrafe abgeschafft.
Gegenwind im Nationalrat
Im Nationalrat mag sich für die Pläne ausser der Mitte-Partei nur die SVP erwärmen. Wie die vorberatende Kommission und der Bundesrat verwies eine Mehrheit auf die Individualbesteuerung. Das Volksbegehren der Mitte zementiere dagegen Überholtes.
Die Linken, die FDP und die Grünliberalen loben die Individualbesteuerung und reden die Mitte-Initiative schlecht: «Das Privileg, einmal klassisch und einmal individuell light veranlagt zu werden und dann einfach den günstigeren Tarif auszuwählen, wird nur Verheirateten zugestanden», kritisiert Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser. «Paare ohne Trauschein bleiben auf dem potenziell höheren Betrag sitzen.»
«Wenn wir den Gleichstellungsartikel in der Verfassung endlich umsetzen wollen, gibt es nur eine einzige und faire und zukunftsfähige Lösung – und das ist Individualbesteuerung», sekundiert GLP-Politiker Jürg Grossen.
Pech im Parlament, Glück an der Urne?
Kritik an der Individualbesteuerung übt dagegen der Tessiner SVP-Nationalrat Paolo Pamini. «Sie zerstückelt die Familien fiskalisch gesehen, benachteiligt die Einkommenspaare und verkompliziert alles.» Sein Parteikollege Martin Hübscher warnt davor, dass die Individualbesteuerung «neue Ungerechtigkeiten schafft und in einem Bürokratiemonster endet».
Die Heiratsstrafe endlich abschaffen, so wie seit Jahrzehnten gefordert: Die Mitte-Initiative hat zumindest im Parlament die schlechteren Karten. Gut möglich, dass am Schluss das Stimmvolk das «Ja-Wort» zu den beiden Vorschlägen geben muss.