Worum geht es? Die Initiative der Mitte-Partei «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare» will in der Verfassung festschreiben, dass Ehepaare ihre Einkommen in der Steuererklärung weiterhin zusammenrechnen dürfen und sie dennoch gegenüber unverheirateten Paaren steuerlich nicht benachteiligt werden. Wie dieses Ziel konkret erreicht werden soll, lässt die Initiative vorläufig offen – denkbar wären Modelle wie die «alternative Steuerberechnung» oder das «Splitting» der Einkommen. Die Initiative betrifft ausschliesslich die Bundessteuer.
Was sagen die Befürworter? Mit dem heutigen Modell, wie die Bundessteuern berechnet werden, müssen Ehepaare im Schnitt mehr bezahlen als gleichverdienende unverheiratete Paare. Verheiratete Paare werden also aufgrund ihrer Lebensform in der Schweiz diskriminiert. Diese «Heiratsstrafe» führe dazu, dass sich Paare, die nach dem Ja-Wort steuerlich benachteiligt würden, häufiger gegen eine Heirat entscheiden, wie eine Untersuchung der Universität St. Gallen zeigt. So gerate das traditionelle Schweizer Familienmodell zunehmend unter Druck, argumentiert die Mitte-Partei. Neben der Mitte ist mehrheitlich die SVP für die Initiative.
Was sagen die Gegner? Können Eheleute künftig frei über das Berechnungsmodell entscheiden (alternative Steuerberechnung), würden unverheiratete Paare benachteiligt. So argumentiert etwa der Bundesrat. Und der Bund würde jährlich mehrere Hundert Millionen Franken weniger Steuergelder einnehmen. Auch würde es für Zweitverdienende weiterhin keinen Anreiz geben, mehr arbeiten zu gehen. Die Gleichstellung von Frau und Mann werde durch die Mitte-Initiative also weniger stark gefördert als etwa durch das Modell der Individualbesteuerung. Neben dem Bundesrat lehnt auch die Wirtschaftskommission des Nationalrats die Initiative ab. Gegen die Initiative stellen sich FDP und GLP sowie SP und Grüne.
Was ist bereits geplant? Das Parlament spricht sich für einen Systemwechsel bei den Bundessteuern aus, allerdings mit dem Modell der Individualbesteuerung. Diese will, dass künftig jede Privatperson eine eigene Steuererklärung ausfüllt, egal ob verheiratet oder nicht. Sowohl National- als auch Ständerat – wenn auch nur knapp – unterstützen die Individualbesteuerung mit der Begründung, dass damit die «Heiratsstrafe» wegfällt und gleichzeitig unverheiratete Paare nicht neu diskriminiert werden – bei der Individualbesteuerung gilt die Zivilstandsneutralität. Die Mitte hingegen nennt die Individualbesteuerung ein «extrem teures Bürokratiemonster», da das komplette Steuersystem umgestellt werden müsse.
Wie geht es weiter? Am Montag debattiert das erste Mal der Nationalrat über die Initiative. Folgt er seiner vorberatenden Kommission, wird er das Anliegen ablehnen. Allerdings war der Kommissionsentscheid äusserst knapp. Frühestens in der Wintersession geht das Geschäft dann in den Ständerat. Zieht die Mitte-Partei die Initiative nicht zurück, kommt es in einem nächsten Schritt zur Volksabstimmung. Bereits einen grossen Schritt weiter ist das Modell der Individualbesteuerung. Hier haben sowohl National- als auch Ständerat grünes Licht gegeben. Über das Geschäft stimmt die Bevölkerung voraussichtlich im nächsten Jahr an der Urne ab.