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Impfung gegen Coronavirus Schweizer Pharmariesen forschen nicht mit

Auf der Entwicklung eines Impfstoffs ruhen grosse Hoffnungen. Doch nur für manche Pharmafirmen ist das Geschäft lukrativ.

Im Moment treiben Universitäten, öffentliche Institute und auch Pharma- und Biotech-Firmen die Entwicklung einer Impfung gegen das Coronavirus voran. Sie tun das mit neuen Methoden und so schnell wie nie zuvor. Bloss: Schweizer Pharmafirmen sucht man in ihren Reihen vergeblich.

Bei Roche gehörten Impfstoffe noch nie zum Geschäft. Novartis verkaufte die eigene, damals defizitäre Impfsparte schon 2014. Der Käufer des Impfgeschäfts von Novartis war der britische Pharma-Multi GlaxoSmithKline.

Alles rund ums Coronavirus

Zusammen mit der französischen Sanofi und der amerikanischen Johnson und Johnson gehört GlaxoSmithKline heute zu einer Handvoll Pharmariesen, die das Impfgeschäft dominieren. Neben kleinen Biotechnologiefirmen sind es ihre Namen, die im Moment auftauchen, wenn es um die Entwicklung eines Impfstoffes gegen den Coronavirus geht.

Hohe Sicherheitsmargen

Dass sich ein paar wenige Pharmafirmen den Impfmarkt untereinander aufteilen, liegt laut Michael Nawrath an den hohen Anforderungen für Impfungen. Einerseits sei die Entwicklung von Impfstoffen besonders teuer. Der Grund: sie würden gesunden Erwachsenen und Kindern verabreicht.

«Da müssen die Sicherheitsmargen 1000-prozentig hoch sein», so der Pharma-Analyst der Zürcher Kantonalbank. Das verlängere die Zeit von der klinischen Entwicklung zum Versuch an Menschen. «Und was lange dauert, kostet auch viel.»

Hohe Kosten, tiefe Preise

Gleichzeitig seien Pharmafirmen bei der Preissetzung von Impfungen weniger flexibel, als bei anderen Medikamenten. Eine Impfung «muss für jeden erschwinglich sein, jede Krankenkasse muss das finanzieren können», so Nawrath. Hohe Kosten, tiefe Preise – bei dieser Kombination sei es nur für manche Firmen finanziell attraktiv, im Geschäft mitzumischen.

Eine Impfung muss für jeden erschwinglich sein, jede Krankenkasse muss das finanzieren können.
Autor: Michael Nawrath Pharma-Analyst der Zürcher Kantonalbank

Ausschlaggebend sei, so Nawrath, dass die Impfsparte eines Konzerns genügend gross und bei Regierungen auch schon bekannt sei. Dann lässt sich mit Impfungen durchaus viel Geld verdienen, wie Firmen wie GlaxoSmithKline und Sanofi beweisen. Für andere ist das Geschäft dagegen einfach nicht attraktiv genug.

Geduld ist gefragt

Für eine Corona-Impfung bedeutet die konzentrierte Marktstruktur im Impfgeschäft: nur wenige grosse Pharmafirmen haben überhaupt ein Interesse und die Expertise, Impfstoffe zu entwickeln und in grossem Massstab zu produzieren.

Die grossen Schweizer gehören nicht dazu. Im Wettlauf um eine Impfung ist aber so oder so noch Geduld gefragt: Einer breiten Öffentlichkeit dürfte ein Impfstoff frühestens in 12 bis 18 Monaten zur Verfügung stehen.

Tagesschau vom 06.03.2020, 19:30 Uhr; imhm/eglc

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