- Ob sich das Zuger Kantonsgericht inhaltlich mit der «Klimaklage» gegen den Zementkonzern Holcim befasst, bleibt offen.
- Bei der Verhandlung über die Erfüllung der Prozessvoraussetzungen gab es noch kein Urteil.
- Der Zuger Zementkonzern wurde von Bewohnern der indonesischen Insel Pari verklagt. Sie geben ihm die Schuld, dass bei der Insel der Meeresspiegel ansteigt.
Das Urteil werde das Gericht «zu gegebener Zeit» schriftlich eröffnen, sagte der vorsitzende Richter zum Ende der Verhandlung, die aufgrund des grossen öffentlichen Interesses im Kantonsratssaal stattfand.
Drei Bewohner und eine Bewohnerin der indonesischen Insel Pari fordern vom Zuger Zementkonzern Schadensersatz, eine deutliche Reduktion des CO₂-Ausstosses und die Beteiligung an Anpassungsmassnahmen. Dies aufgrund der Mitverantwortung des Konzerns für den Klimawandel, der die Lebensgrundlage auf Pari bedrohe, wie sie sagen.
Persönlich in die Schweiz gereist
Die Gefährdung ihrer Heimat und der Zukunft künftiger Generationen schilderte die anwesende Klägerin Ibu Asmania persönlich, ihre Anwältin übersetzte für die Anwesenden. Auch ein zweiter Kläger, Arif Pujianto, war bei der Verhandlung zugegen.
Die Schäden und Kosten, die wegen des steigenden Meeresspiegels anfallen, hätten die Bewohnerinnen und Bewohner nicht selbst verursacht, sagte Asmania. Es fehle das Geld, um Massnahmen zu ergreifen. Steige der Meeresspiegel weiter an wie bisher, müssten die rund 1500 Bewohnerinnen und Bewohner Ende des Jahrhunderts die Insel verlassen.
Holcim trage daran eine Mitverantwortung, sagte die Anwältin vor Gericht. In seiner Geschichte habe das Unternehmen mehr als doppelt so viel CO₂ ausgestossen wie der gesamte Schweizer Staat. Gemäss einer Studie des Climate Accountability-Instituts ist der Konzern für 0.42 Prozent der globalen CO₂-Emissionen seit 1750 verantwortlich. Deshalb solle Holcim für die dadurch angefallenen Kosten bei den Klägerinnen und Klägern aufkommen.
Sie verfügten in der Klage über ein persönliches, praktisches und aktuelles Interesse. Somit seien sie nach Schweizer Gesetz zum Zivilprozess berechtigt.
Lage bleibe für Inselbewohner unverändert
Ganz anders sahen dies die Anwältin und der Anwalt von Holcim. Sie argumentierten, die Klagenden seien vom Klimawandel ebenso betroffen wie die gesamte Weltbevölkerung. Von einem konkreten, besonders schützenswerten Interesse könne aber nicht die Rede sein. Für den Klimaschutz sei in der Schweiz überdies der Gesetzgeber zuständig, ein Zivilgericht dürfe keine weiteren Massnahmen anordnen.
Zudem würde sich an der Lage der Klagenden nichts ändern, «selbst wenn Holcim die Zementproduktion ganz einstellen würde», so der Holcim-Anwalt. Stattdessen würde eine andere Firma die Produktion übernehmen – möglicherweise in einem Land, das weniger strenge Vorgaben für Klimaschutzmassnahmen kenne. Die Reduktion der CO₂-Emissionen müsse global koordiniert werden.
Premiere für die Schweizer Rechtsprechung
Der beklagte Konzern schrieb in einer Stellungnahme, Holcim sei unabhängig vom Entscheid fest entschlossen, bis 2050 Netto-Null-Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen. Dies stehe im Einklang mit dem Ziel des internationalen Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1.5 Grad zu beschränken.
Die Zivilklage gegen Holcim ist eine Premiere für die Schweizer Rechtsprechung. Zuvor wurde noch nie eine Schweizer Firma wegen ihrer mutmasslichen Verantwortung für derartige Klimaschäden verklagt.