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Interessenvertreter in Bern Lobbying im Gesundheitswesen – auch darum steigen die Prämien

Die Politik schafft es nicht, Rezepte gegen die wachsenden Gesundheitskosten zu finden. Das Lobbying spielt dabei eine Rolle.

Die Krankenkassenprämien steigen seit Jahren. Erst kürzlich musste der Bundesrat wieder eine massive Prämienerhöhung bekannt geben. Bisher ist es den Gesundheitspolitikern nicht gelungen, die Kosten zu bremsen.

Datenbank mit fast 50'000 Einträgen

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Der Verein Lobbywatch ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern sowie Medienschaffenden, herauszufinden, welche Interessen Politikerinnen und Politiker in Bern vertreten.

Die Datenbank enthält mittlerweile gut 48’000 Datensätze zu Ratsmitgliedern und ihren Verbindungen zu Verbänden, Organisationen und Unternehmen.

Der Verein finanziert sich aus Spenden.

Dafür gibt es demografische Gründe, der medizinische Fortschritt ist ebenfalls einer. Aber dahinter steckt auch politisches Versagen.

Teils lukrative Mandate

Genauer: Es sind die vielen Interessenvertreter, die teils direkt via Ratsmitglieder in der Gesundheitskommission Einfluss nehmen. Für Otto Hostettler von Lobbywatch ist klar, warum Organisationen und Branchen aus dem Gesundheitswesen den Kommissionsmitgliedern teils lukrative Mandate von über 100'000 Franken pro Jahr vermachen. «In dieser Kommission werden Vorentscheide zu den Gesetzen gefällt. Hier können die Branchen wirksam Einfluss nehmen», sagt Hostettler.

Die Anzahl bezahlter Mandate in den einflussreichen Sachkommissionen ist deutlich höher als in anderen Kommissionen. Die Gesundheitskommission liegt aus mehreren Gründen hoch im Kurs. Denn im Gesundheitswesen hat es viele Akteure, die viel Geld verdienen. Und die Branche wächst. Zusätzlich ist der Gesundheitsmarkt stark reguliert.

In der Gesundheitskommission sind überdurchschnittlich viele Politikerinnen und Politiker mit Krankenkassenmandaten. Sie setzten sich in der Regel für tiefere Prämien ein. Viel mehr Mandate ergeben sich, wenn man jene Mandate zusammennimmt, die sich in der Regel für den Leistungsausbau einsetzen. Etwa die Ärzte, Spitäler, die Patienten- und Behinderten-Organisationen.

Im Parlament haben wir eine Überzahl von Leuten, die die Leistungserbringer-Seite vertreten.
Autor: Lorenz Hess Mitte-Nationalrat und Mitglied der Gesundheitskommission

Lorenz Hess, der selber ein Krankenkassenmandat innehat, sagt dazu: «Im Parlament haben wir eine Überzahl von Leuten, die die Leistungserbringer-Seite vertreten.» Wenn es ums Kürzen von Leistungen gehe, wolle niemand den ersten Schritt machen.

Die Versorgungssicherheit und die Qualität im Gesundheitswesen muss gewährleistet sein.
Autor: Damian Müller FDP-Ständerat und Vizepräsident der Gesundheitskommission

So lehnt denn auch etwa Damian Müller, der ein Mandat beim Schweizer Ärzteverband FMH hat, Einschränkungen bei den Ärzten ab: «Die Versorgungssicherheit und die Qualität im Gesundheitswesen muss gewährleistet sein.»

 Gefragtes Fachwissen, aber...

Lukas Golder macht regelmässig Umfragen für Interessenvertreter und hat Einsicht in die Lobbyarbeit. «Es gibt eine immer grössere Zahl an professionell agierenden Lobby-Organisationen», sagt er. Diese würden schon in der Kommission selbst die Fronten verhärten. «So findet man die grossen Lösungen nicht mehr. Reformen werden so unmöglich.»

Wohl verstanden: Das Fachwissen der Lobby-Organisationen ist gefragt bei den Gesetzgebungen. Ihr Wissen wird gar aktiv von der Verwaltung zusammengetragen, etwa bei Vernehmlassungen zu Gesetzesentwürfen. Und: Auch die Kantone selber gehören zu den Lobbyisten, gerade im Gesundheitswesen.

Mehr Vertrauen durch mehr Transparenz

Ein Vorstoss von Mitte-Ständerat Beat Rieder wollte dem Kommissions-Lobbying ein Ende setzen: Wer in einer Kommission sitzt, der soll keine bezahlten Mandate aus einer von der Kommission betroffenen Branche annehmen dürfen. Der Vorstoss dürfte aber chancenlos sein.

Mehr Vertrauen könne aber auch anders hergestellt werden, sagt Otto Hostettler von Lobbywatch: «Dazu gehört, dass die Höhe von Entschädigungen von Ratsmitliedern offengelegt werden. Dass sich Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein Bild machen können, wie ein Entscheid zustande gekommen ist.»

10 vor 10 vom 04.11.2022, 21:50 Uhr

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