Das ist passiert: Die Universität Genf beendet die strategische Partnerschaft mit der Hebräischen Universität in Jerusalem. Zu dieser Partnerschaft gehörte etwa ein gemeinsam finanziertes Projekt zur Erforschung von Krankheiten und zur Entwicklung von Medikamenten. Oder ein Projekt, bei dem hebräische und arabische Ortsnamen untersucht wurden. Auch will die Uni Genf ein Programm für den Studierendenaustausch mit der Hebräischen Universität in Tel Aviv, das 2026 ausläuft, nicht verlängern. Einzelne individuelle Zusammenarbeiten zwischen Forschenden aus Genf und Israel seien aber weiterhin möglich, teilte die Universität am Dienstag mit.
So begründet die Universität Genf den Entscheid: Die Unileitung in Genf will diesen Entscheid nicht als politisch verstanden wissen: «Es sei um strategische und nicht um politische Überlegungen gegangen», sagt Rektorin Audrey Leuba gegenüber RTS. Die Uni Genf hätte alle vergleichbaren Partnerschaften – auch mit anderen Universitäten in anderen Ländern – genau geprüft und teils beendet. Ein wissenschaftlicher Ausschuss habe zu diesem Schritt geraten, so Leuba. Wer diesem angehörte und auf welcher Grundlage er entschied, dazu äusserte sich die Rektorin nicht. Am selben Tag veröffentlichte die Uni Genf ein Communiqué, in dem sie ihre «Empörung über die humanitäre Lage in Gaza» zum Ausdruck brachte und alle Parteien, insbesondere die israelische Regierung, «zur Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts» aufforderte.
Das sagt das proisraelische Lager: Kritik kommt von beiden Lagern. Das sei ein «ausschliesslich politischer Akt», schreibt etwa der Verein zur Unterstützung und Förderung jüdischer Hochschulangehöriger in der Schweiz am Mittwoch in einer Mitteilung: «Der Boykott israelischer Institutionen ist ein altes Anliegen all jener, die jeder politischen Lösung in der Region seit Jahrzehnten entgegenarbeiten, indem sie Israels Existenzrecht bestreiten, womit sie nicht zuletzt dem palästinensischen Volk grossen Schaden zugefügt haben.»
Das kritisiert die propalästinensische Seite: Die Genfer Studentenkoordination Palästina auf der anderen Seite kritisiert, dass die Universität Genf individuelle Zusammenarbeiten mit israelischen Forschenden nach wie vor unterstützt: «Das Ergebnis ist also dasselbe: Die Universität Genf wird Forschungsprojekte in Zusammenarbeit mit der Hebräischen Universität Jerusalem oder der Universität Tel Aviv finanzieren», sagt ein Mitglied der Studentenkoordination gegenüber RTS.
So positionieren sich die anderen Universitäten: Die Universität Genf steht mit ihrer Haltung schweizweit alleine da. Die ETH in Lausanne teilt auf Nachfrage mit, man verurteile Verstösse gegen die Menschenrechte und das Völkerrecht, aber ein akademischer Boykott käme für die ETH nicht infrage. Auch an der Universität Basel ist die Einstellung von Forschungskooperationen und Studierendenaustausch derzeit kein Thema. Und die Universität Bern bezeichnet den Schritt, die Zusammenarbeit mit israelischen Forschungsinstitutionen zu beenden, als massive Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit, was jeglichen Werten widersprechen würde. Einen solchen Schritt «toleriert die Universität Bern nicht».