Es war eine geheime Abstimmung: Ja oder Nein auf einen Zettel notieren, nicht per Handerheben. Geheim bleiben sollte vorläufig auch das Abstimmungsresultat.
Der Antrag: Die Universität Zürich soll Kooperationen mit akademischen Institutionen einstellen, welche «militärische Operationen unterstützen, die internationales Recht verletzen». Eine Forderung, die so oder ähnlich seit Wochen von Protestierenden an Universitäten weltweit erhoben wird. Kritiker sehen darin einen Boykottaufruf, was antisemitisch sei.
Die breite Schweizer Studentenschaft schien solche Positionen bislang nicht zu unterstützen. So schrieb der Dachverband aller Schweizer Studierendenschaften VSS am Donnerstag gemäss Agenturmeldungen, Forderungen nach pauschalem Boykott von wissenschaftlicher Zusammenarbeit müssten abgelehnt werden. Wissenschaftsfreiheit bedeute faktenbasierte Meinungsvielfalt.
VSUZH-Vorstand enthielt sich
Die Zürcher Uni-Studentinnen und -Studenten stimmten nun aber mehrheitlich für den radikaleren Kurs, wie Recherchen von SRF ergeben. Traktandiert war der Antrag am Mittwoch im Rat des Verbands Studierender der Universität Zürich (VSUZH), ein 70-köpfiges Gremium, gewählt von den Studierenden der grössten Schweizer Universität, sozusagen ihr Parlament.
Ein Abbruch der akademischen Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen wird den Krieg bestimmt nicht beenden.
VSUZH-Co-Präsident Sébastian Margot bestätigt auf Anfrage, der Rat habe dem Antrag mit «deutlichem Mehr» zugestimmt, das Stimmverhältnis werde nicht kommuniziert. Die Abstimmung sei geheim erfolgt. Der Vorstand habe keine Stimmempfehlung abgegeben und sich enthalten, sagt Margot. Der Vorstand enthalte sich grundsätzlich zu allen Anträgen des Rats, das sei keine Besonderheit.
«Eine Katastrophe»: So nennt es der Sprecher und Co-Präsident des Vereins Jüdische Studierende Schweiz (SUJS). Ein Abbruch der akademischen Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen werde den Krieg bestimmt nicht beenden. Eine der Konsequenzen wäre aber, dass kein Austausch Studierender mehr möglich wäre zwischen Israel und der Schweiz.
Erst kürzlich habe eine Israelin in Zürich studieren können, deren Cousin noch immer Geisel der Hamas sei. Das biete auch die Möglichkeit, sich unter Studierenden direkt zu begegnen, zu diskutieren – ein Abbruch der Beziehungen würde das zunichtemachen. Ein Wissenschaftsboykott sei letztlich antisemitisch, so der Sprecher des Vereins, weil er alle Studierenden und Professorinnen in Israel treffen würde.
Es handelt sich um eine Aufforderung zur kritischen Überprüfung der Partnerschaften mit denjenigen Universitäten, die in den Militärangriff involviert sind.
VSUZH-Co-Präsident Margot sieht in der Forderung keinen Antisemitismus. Er sagt gegenüber SRF, es handle sich explizit um keinen pauschalen Boykott der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten, sondern um eine Aufforderung zur kritischen Überprüfung der Partnerschaften mit denjenigen Universitäten, die in den Militärangriff involviert seien.
Die Universität Zürich will zu den Forderungen noch keine Stellung beziehen. Man werde dem VSUZH kommende Woche antworten, schreibt die Medienstelle.