«Nach dem 7. Oktober war die Welt eine andere», sagt Naomi Lubrich, die Leiterin des Jüdischen Museums Basel. Der Angriff der Hamas auf Israel und der Einmarsch der israelischen Armee in den Gazastreifen haben das Zusammenleben von Menschen mit jüdischem und muslimischen Glauben verändert – aber auch viel Unsicherheit ausgelöst.
Unsicherheit bei Lehrpersonen
«Wir haben danach gesehen, dass es sehr viel Unkenntnis gibt über den Nahen Osten und über das Judentum und den Islam.» Nach dem 7. Oktober folgten zunächst einige Absagen von Schulklassen, oft seien die Lehrpersonen verunsichert gewesen, so Lubrich.
Die Aufgabe eines Museums sei es, gerade in solchen Situationen Fakten, Daten und Diskussionen zu liefern. So sei denn die Idee einer gemeinsamen Führung entstanden, bei der unter anderem die Gemeinsamkeiten von Judentum und Islam im Zentrum steht.
Geleitet werden die Führungen von Alliya Oppliger, einer Geschichts-Studentin und Muslima, die auch ein Kopftuch trägt und Sarah-Maria Hebeisen, die Judaistik studiert. Beide arbeiten bereits seit längerer Zeit im jüdischen Museum Basel und kennen die Geschichte des Judentums und des Islam.
Eine Plattform bieten
Für die beiden stand schnell fest, dass sie die Führungen gemeinsam durchführen wollen. «Wir dachten uns, dass durch unseren beiden Perspektiven auch die Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern grösser ist», sagt Sarah-Maria Hebeisen. Sie hätten auch gemerkt, dass viele Lehrpersonen unsicher sind, über das Thema zu reden, ergänzt Alliya Oppliger. «Unsere Führungen sollen eine Plattform bieten, über das Thema zu diskutieren.»
Ziel sei es unter anderem, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass es sich beim Konflikt im Nahen Osten nicht um einen Konflikt zwischen zwei Religionen per se handelt.
Gesprochen und gezeigt werden soll weiter Verbindendes zwischen den Religionen. «Das geht von der Kopfbedeckung über Speisevorschriften bis hin zur Bestattung», erklärt Oppliger. Oder dass beide Religionen sich auf Abraham als Stammvater beziehen.
Angeboten werden zwei verschiedene Führungen: Eine richtet sich an Schülerinnen und Schüler ab 8 Jahren, bei der die Gemeinsamkeiten im Zentrum stehen. Bei der anderen geht es um den Nahostkonflikt und ist für Jugendliche ab 13 Jahren gedacht. Bis jetzt hätten sie erst zwei Führungen geleitet, auf diese hätten sie jedoch nur positive Rückmeldungen erhalten.
Lieber im Museum als auf Tiktok
«Die Nachfrage ist enorm», freut sich Museumsleiterin Naomi Lubrich. «Seit wir die Lehrpersonen informiert haben, haben wir um die zehn Anrufe pro Tag.» Dies zeige: Das Bedürfnis nach dieser Form von Aufklärungsarbeit ist gross. Es sei ihr wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler Informationen von einem Museum erhalten und nicht aus den Sozialen Medien, sagt Lubrich. «Wenn wir das nicht machen, dann beziehen Jugendliche ihre Informationen zum Thema auf Tiktok.»