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Kandidatenflut bei Wahlen Aargauer Parlament will weniger Listen bei Nationalratswahlen

Unterlisten führten 2019 und 2023 zu so vielen Kandidaturen wie noch nie. Eine Standesinitiative soll das verhindern.

Erfunden oder zumindest auf die Spitze getrieben hat es die Aargauer CVP bei den Nationalratswahlen 2019: Damals trat die Partei mit einer Hauptliste und acht Unterlisten an. Die CVP (heute: Die Mitte) konnte tatsächlich Wähleranteile gewinnen. Wohl auch deshalb wurde der «Trick» von anderen Parteien übernommen.

2023 gab es über 600 verschiedene Wahllisten in den Kantonen, massiv mehr als bei den vorherigen Wahlen. Damit kandidierten fast 6000 Personen für die 200 Sitze im Nationalrat. Die Parteien zeigten sich kreativ: Neben den Listen der Jungparteien gab es Seniorenlisten, regionale Listen, Listen mit bestimmten Berufsgruppen und so weiter.

Die Idee hinter den Unterlisten: Alle Stimmen dieser Kandidierenden kommen ebenfalls der Hauptliste zugute, weil alle Listen der Partei in einer sogenannten «Unterlistenverbindung» zusammengeschlossen sind.

Der «Trick» funktioniert nur bedingt

«So viele Unterlisten, das gab es schweizweit vorher noch nie», sagte Politikberater Mark Balsiger nach den Wahlen 2019. «Was die CVP Aargau vor vier Jahren angestossen hatte, führte zu einem Wettrüsten bei allen Parteien, schweizweit», erklärte Politologin Martina Flick Witzig rund um die Wahlen 2023.

Nationalratsaal
Legende: Wer schafft es in den Nationalrat und gibts Tricks, um eher gewählt zu werden? Diese Frage stellen sich die Parteien alle vier Jahre. Ob Unterlisten wirklich helfen, ist umstritten. Keystone/Peter Klaunzer

Funktioniert hat der Trick aber nicht für alle. Eine Auswertung der Nationalratswahlen von 1987 bis 2019 des Instituts für Politikwissenschaft der Universität Bern zeigt: Die Strategie hat auf die Sitzverteilung keinen signifikanten Effekt. Der «Trick» mit den Unterlisten zahle sich nur in Einzelfällen aus.

Dicke Wahlcouverts und viel Arbeit

Für die Wahlbüros in den Gemeinden allerdings bedeuten die vielen Unterlisten einen grossen Mehraufwand bei der Auszählung. Zudem wurden die Wahlcouverts in vielen Kantonen sehr dick, was zu logistischen Herausforderungen führte: Im Aargau musste zum Beispiel dünneres Papier verwendet werden für die Wahlzettel.

Dass nun ausgerechnet das Parlament im «Erfinderkanton» des Listentricks die Notbremse ziehen will, verwundert nicht. Allein im Aargau haben bei den letzten Wahlen über 700 Personen kandidiert für die 16 Nationalratssitze, auf über 50 verschiedenen Listen. Viele Wählerinnen und Wähler seien mit der Anzahl Listen und Kandidierenden «schlicht überfordert», sagen Grüne, FDP und SVP. Sie haben den Vorstoss gegen die Listenflut lanciert.

Die Kantone sollen künftig die Anzahl der Unterlisten beschränken können, fordert das Aargauer Parlament. Es hat am Dienstag entschieden, dass die zuständige Kommission einen Vorschlag für eine Standesinitiative ausarbeiten soll. Damit soll der Aargau in Bern Druck machen. Über die Standesinitiative selbst wird aber erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden.

Mitte, EVP und SP wehrten sich gegen strengere Regeln. Die Unterlisten und damit die grosse Zahl der Kandidierenden hätten sich für die Partei gelohnt, sagte ein Mitte-Sprecher in der Debatte. Damit könne man das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Partei im Wahlkampf stärken.

Luzern und Bundesbern sind ebenfalls dran

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Auch im nationalen Parlament ist die Listenflut ein Thema. Die Staatspolitische Kommissionen des Ständerats und des Nationalrats prüfen derzeit mehrere Vorstösse.

Der Kommission zugewiesen wurde eine parlamentarische Initiative von Marc Jost (EVP, BE). Auch Ständerat Thierry Burkart (FDP, AG) fordert in einer Motion einen «Schluss mit dem Wildwuchs bei innerparteilichen Listenverbindungen».

«Schluss mit der Listenflut» hiess ein weiterer Vorstoss zum Thema. Dieser wurde ausgerechnet von einem Mitte-Politiker eingereicht, im Nationalrat aber abgelehnt, weil die Sache schon behandelt werde.

Auch im Kanton Luzern gibt es Vorstösse, um die Zahl der Wahllisten zu beschränken. Hier geht es um die kantonalen Wahlen. Die GLP fordert ein neues Wahlsystem, die SVP eine Beschränkung von Listen pro Partei.

Der Entscheid liegt beim Bund. Dort befassen sich aktuell bereits zwei Parlamentskommissionen mit der Listenflut, denn auch im National- und Ständerat gab es Vorstösse. Das Thema bewegt die Politik also, nicht nur im Aargau. Wie 2027 genau gewählt wird, ist aktuell aber noch offen.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 23.04.2024, 17:30 Uhr ; 

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